Wie alles anfing ! - von Werner Eckel
-
weil immer wieder danach gefragt wird (und warum
ausgerechnet Betzdorf ?)
- hier die
Geschichte der „Betzdorfer Grobschnitt-Musik- und Videonacht“
Es fing mit dem Ende an !
Am 04.12.1989 starteten wir mit einem gemieteten
Wohnmobil und einem kleinen Biervorrat vom Westerwald/Siegerland aus über
die Sauerlandlinie zur „The Very Last Party“ nach Hagen.
Wir (Bernd, Rainer, Werner, Christoph, Matthias
und Michael), zum einen alte Veteranen, je 20 bis 30
Grobschnittkonzerte auf dem Buckel, zum anderen Jungfans, die noch heute,
wenn sie an Grobschnitt denken, über die Ungnade ihrer späten Geburt
jammern.
Oft gesagt und geschrieben und es ist richtig:
Grobschnitt-Fans wurden eigentlich nur die, die wenigstens einmal „Live“
dabei waren und die Band e r l e b e n konnten.
Und zum Thema „Band zum Anfassen“ folgende Anekdote:
In der Konzertpause in der (berühmt-berüchtigten) Disco Morgens um 7
in Hamm (Sieg) meinte Rainer zu Bandmitgliedern, die mit ihm
gemeinsam an der Pinkelrinne standen, dass zu JUMBO doch auch ganz
gut deutsche Texte passen würden. Prompt kam im nächsten Jahr die deutsche
Version raus! Rainer bildet sich noch heute ein, er habe dafür
gesorgt.
Es wurde übrigens sehr spät an diesem Abend. Ein
Bandmitglied hatte Geburtstag und da gab es spontan und voller
Inbrunst gespielt ein paar Stücke als Geburtstagsständchen dazu und wir,
das Publikum, wurden zu Gästen. So waren sie halt !
Aber zurück nach Hagen. Zum Finale wurden noch mal
alle schönen Stücke rausgehauen – und zum allerletzten Mal das „Hochamt“
Solar Music genial gespielt und zelebriert - ein krönender und vor
allem stilvoller Abschluss und dann war der Vorhang zu!
Michael schwatzte bei einem netten Plausch am
Bühnenrand EROC noch die Klobürste ab, die als Ersatz-Zauberstab
gedient hatte. Die Reliquie hütet er immer noch.
Auf dem Parkplatz vor der Stadthalle gingen wir in
die Verlängerung, trotzten den frostigen Temperaturen und feierten eine
feucht-fröhliche After-Last Party-Party.
Nicht entgangen war uns, das die letzte Show mit
einer Videokamera gefilmt wurde (warum nur leider nicht vom WDR ?).
Am nächsten Morgen, nach dem wir uns einigermaßen
sortiert hatten (es war verdammt eng im Wohnmobil, obwohl das Leergut vor
die Tür geräumt war), überlegten wir beim Frühstück in Hagens
Fußgängerzone, wie wir bloß an den Film kommen könnten.
Denn ein Jahr ohne Grobschnitt-Konzert(e) würde ja
so, als wenn man einem Kind sagt, das Christkind oder der Weihnachtsmann
oder der Osterhase kommt nie nimmer nicht mehr !
N e i n , damit konnten und wollten wir uns einfach
nicht abfinden!
Wie die meisten von Euch wissen, dauerte es noch
recht lange, bis der Film fertig war. Nach unserer Erinnerung wurde er
sogar von Lupo (!) versandt. Nachdem wir den kleinen Schatz endlich in den
Händen hatten, kam ein Glücksfall hinzu. Nach einem Spiel der Sportfreunde
Siegen war ein WDR-Mann zugeparkt. Einer von uns, beim BGS tätig (beim
Lied „Wir wollen leben“ knurrt er immer bei den Textzeilen über die
„Macht“), beförderte ihn kurzerhand ins Funkhaus, damit der Bericht noch
rechtzeitig auf Sendung gehen konnte. Als kleines Dankeschön wurde ein
Videoabzug in erstklassiger Qualität vom legendären Grobschnitt-Auftritt
beim WDR-Rockpalast am 08.12.1978 vermittelt.
Damit würden wir unseren Jungfans endlich beweisen,
dass unsere Erzählungen über Grobschnitt in den 70er Jahren keine maßlos
übertriebenen Rockmärchen waren.
Jetzt stand fast nichts mehr im Wege, uns selbst ein
wenig Live-Atmosphäre zu verschaffen. Schnell herrschte Einigkeit, dass
diese im heimischen Wohnzimmer nicht auf- und rüberkommen konnte.
Daher mieteten wir eine abseits gelegene
Jugendfreizeitstätte in Dickendorf im Westerwald. (eigentlich albern für
die paar Mann). Dazu nehme man ein 70er-TV-Gerät (viel größere gab es
damals nicht), einen HiFi-Video-Recorder, eine gute Musik-Anlage, kräftige
Lautsprecher, zwei-drei Kisten Bier (unsere Empfehlung: Erzquell,
Krombacher, Veltins oder Warsteiner, oder gibt’s etwa auch ein Hagener
Bier?) und ein paar Dosen Dicke Sauerländer.
Einzige Panne: Für den Gasherd fehlte ein Feuerzeug.
Also noch ein Gang in die nächste Dorfkneipe, schnell ein Bierchen trinken
und ein Päckchen Zündhölzer erbitten und so klappte es auch mit den heißen
Knackern.
Dann ging so richtig die Post ab. Allen lief es heiß
und kalt den Rücken herunter. Mit wenig Aufwand hatten wir einen
Heidenspaß und am nächsten Morgen wachten wir so zerknittert auf, wie 1989
im Wohnmobil in Hagen.
Unser Minifestchen hatte sich wohl etwas
herumgesprochen. Es gab zu unserer Überraschung noch mehr Grobschnitt-Fans
in unserem Städtchen, von denen wir oder die voneinander nichts wussten.
Warum also nicht beim nächsten Mal etwas mehr und
eine Schippe drauflegen? Gut das einige von uns bei der Stadt arbeiteten
(auweia: Spießer !?). So kamen wir „leihweise“ an den
Proberaum im Jugendtreff, ebenso „leihweise“ an eine schöne große
Leinwand aus einer Schule und“ „leihweise“ an eine (damals sündhaft
teure) Videokanone.
Nun kam ein weiterer Glücksfall hinzu. Markus
Grigat, mittlerweile Motor und guter Geist des alljährlichen Treffs.
Er gehört altersbedingt zu den bedauernswerten Zeitgenossen, die
Grobschnitt erst sehr spät erleben konnten (O-Ton: „ich habe die Band im
Jahr 1985 erstmals in Betzdorf gesehen, und da hat mich der
Grobschnitt-Wurm gepackt“).
Gewisse prophetische Fähigkeiten kann man ihm nicht
absprechen, denn er war beim Hagener Abschiedskonzert mit dem
Riesentransparent dabei:
GROBSCHNITT DARF
NICHT STERBEN.
Selbst Musiker, griffen Markus, unterstützt
von Guido, uns vor allem technisch unter die Arme. Eine
Nachwuchs-Rockband ließ gegen einen kleinen Obolus ihre Anlage stehen und
Markus und Guido bastelten alles schön zusammen. Vor nun
immerhin schon 20 - 30 Fans lief dann fast ein richtiges Konzert ab.
Eroc, Lupo, Willi Wildschwein, Popo, Mist, Toni Moff Mollo, Ballermann &
Co. standen wieder lebensgroß vor uns!
Und von da an wurden es immer mehr.
Irgendwie knüpften Bernd und Markus
Kontakte mit Rita und Kurt Mitzkatis (German Rock e.V. und
selber eingefleischte Fans), die GROBSCHNITT lange Jahre begleiteten und
somit unschätzbare Livemitschnitte der Gruppe auf Video bannten. Viele
tolle Konzertaufnahmen aus den letzten 4 Tourneejahren konnten wir so
unter der fachkundigen Moderation von Kurt Mitzkatis erleben. Andere „Hardcore-Fans“
wie Jörg „Mocki“ Mokros, Ralf Dreger, Stephan Schelle, Roger
Weeze und viele andere Gralshüter des Krautrock fanden den Weg zu uns
und somit läpperten sich immer mehr Musik-, Bild - und Videomaterialien
sowie sonstige Utensilien zusammen.
Um noch mehr „Live-Atmosphäre“ zu schaffen, planten
wir bei der nächsten Veranstaltung zu Solar Music ein kleines
Feuerwerk. Rainer besorgte es irgendwie über Kontakte zu
Weco. Aber wo und wie das Feuerwerk brandsicher befestigen ? In der
Garage sägte er mit der Stichsäge aus Ytong-Steinen (!) kunstvoll einen
Grobschnitt-Schriftzug, Feuerwerk daran mit Heißklebepistole befestigt und
das ganze an einer Wäscheleine vor die „Bühne“ (Leinwand) gehangen. Alle
überstanden das Feuerwerk unverletzt! Den massiven Schriftzug hat dann
Roger Weeze gegen eine Spende erworben und der dürfte noch heute sein
Wohnzimmer zieren. Die andere Idee von Rainer, die Nummer mit den
Schleifhexen nachzumachen, wurde zu seinem Unwillen verworfen. Wegen der
Enge hätten wir wohl etliche Brandwunden verpflastern müssen. Dabei war
uns ohnehin mulmig genug. Das Herz rutsche einem schon in die Hose, wenn
man die Autos aus allen Teilen Deutschlands, aus den Niederlanden und der
Schweiz auf dem Parkplatz vor dem Jugendtreff eintreffen sah und die
Anlage immer noch nicht funktionierte, schnell noch mehr Bier
herbeigeschafft werden musste und es bei aller Improvisation immer noch so
gerade auf dem letzten Drücker rechtzeitig klappte.
Gott sei dank hat Markus Frau, Anke,
damals wie heute im größten Durcheinander immer den Durchblick behalten
und den Laden zusammengehalten.
Nach und nach kamen dann auch ehemalige
Bandmitglieder zu den Treffen. Popo alias Hunter gab uns mit
seiner Band ordentlich was auf die Ohren. Ungläubig staunte er beim
Rockpalast-Video über sich selbst, als er im Rüschenhemd über die Bühne
rockte.
Bernhard Uhlemann (Baer) stieß zu uns, Milla
Kapolke, Geheimrat Günstig (er bestätigte beim letzten Treffen, das er
wirklich aus Österreich stammt) waren da und vor allen schon mehrmals
EROC. Er gab dem Fantreffen den richtigen Schub.
Die früher noch ungeahnten Möglichkeiten des Internet
trugen natürlich auch entscheidend zum Zusammenführen der weltweit
verstreuten Grobschnittgemeinde bei.
So platzte der Jugendtreff bald aus allen Nähten und
wir zogen in Betzdorfs gute Stube, die Stadthalle, um (ausdrücklicher Dank
hierfür den Betzdorfer Frittenfreunden e.V.).
Ein weiterer Höhepunkt hier die Auftritte der
Berliner Band ROMIX 2004 und 2005 vor nun mittlerweile rd.
200-300 (?) Fans. Hut ab, was die alles für uns auf sich nehmen.
So, hoffentlich haben wir Euch mit diesem ellenlangen
Text nicht gelangweilt.
Vielen Dank allen, die zu dem Fantreffen auf
irgendeine Art beitrugen und beitragen. Alle zu erwähnen, würde den Rahmen
sprengen und der eine oder andere wird doch vergessen.
Dank der Trinkfestigkeit (zu Grobschnitt gehörte ja
immer ein gutes Bier) und den gesegneten Appetit (Dank(e)
Anke!) aller Teilnehmer sind wir auch finanziell immer so gerade über die
Runden gekommen, denn Eintritt, Gagen oder so was gibt’s ja nicht.
Ohne gute Freunde, Helfer, Beziehungen und Kontakte
wäre das auch alles so nicht möglich (sprecht jetzt bitte nicht von einer
Art kölscher Klüngel „man kennt sich, man hilft sich“).
Aber eigentlich gibt es ja auch keinen Veranstalter
und keine offizielle Veranstaltung.
Wir alle zusammen basteln uns das alljährliche
Treffen immer wieder selbst zusammen und treffen uns ganz ungezwungen,
also eine Art Familien- oder Veteranentreff. Jeder (und jede) ist herzlich
willkommen und trägt zur Geselligkeit bei. Einfach nur ein wenig Spaß
haben (wie früher), Erinnerungen austauschen – oder halt eben
weihnachtliche Bescherung im Frühjahr.
Ganz im Sinne von Grobschnitt, denn da gab es ja nie
einen besonderen Star bzw. Starkult.
Also im WM-Jahr frei nach Berti: Die Mannschaft
(Band) ist der Star !
Und Sorry, Lupo und Willi, wenn die Fans einfach
weitermachen, aber selber Schuld, schließlich habt ihr uns mit dem
Grobschnitt-Virus infiziert.
Jetzt aber genug gelabert.
Wie rief ein Fan den Romix´s bei einer etwas zu
langen Vorrede in bester Grobschnittmanier kurz und bündig zu: „F a n g
t a n !“
Machen wir doch glatt: in Betzdorf, am 20. Mai
2006
Bis bald !
Wobbedidada