Fotos:
Madeline Schwarz und Stephan Schelle
Vier satte Monate hatte ich warten
müssen (Berlin war mir leider nicht möglich), bis das nächste Konzert
von Grobschnitt für mich wieder an der Reihe war. Nach den tollen
Konzerten im Mai / Juni 2010 eine unglaublich lange Pause. So war die
Vorfreude bei mir – wie bei vielen anderen – sehr groß.
Erster Pflichttermin des Tages war das
Vorglühen im Strobels, einer Gaststätte direkt am Westfalenstadion und
nur einen kurzen Fußmarsch von der Halle entfernt. Schon diesen
Treffpunkt suchten unglaublich viele Fans auf und so hatte dieses
Konzert wieder die außergewöhnliche Magie eines schönen
Familientreffens. Auch wenn die Bedienung etwas überfordert war – was
sich leider nach dem Konzert ebenfalls fortsetzte – so war die Location
doch gut gewählt.
In der Halle angekommen wurde das
Ausmaß des Besucherandrangs deutlich. Mehr als 2.000 Besucher zogen
Grobschnitt in die Westfalenhalle an und keiner wurde enttäuscht,
zumindest was die Musik und den Auftritt anbelangt. (Hier sei nur am
Rande die schlechte Organisation an den Getränkeständen erwähnt.)
Das lokale Fernsehen zeigte ebenfalls
großes Interesse und so war ein Kamerateam schon beim Soundcheck sowie
in den ersten Momenten des Konzertes am Filmen. Aus dem Zuschauerraum
war gut 15 Minuten vor dem Konzert auch zu erkennen, dass Willi, Milla
und Manu zeitweise am Rand der Bühne im Scheinwerferlicht standen. Das
Ergebnis ist ein sehr schöner Beitrag in der Dortmunder Lokalzeit des
WDR, der live übertragen wurde. Zu sehen ist er auch im Internet über
folgenden Link:
www.wdr.de/mediathek/html/regional/rueckschau/2010/10/09/lokalzeit_dortmund.xml
Willi und Milla
waren sichtlich von der gefüllten Halle angetan, was man an ihren
Reaktionen bei der Einleitung zum Konzert ableiten konnte. Einen
historischen Schlenker machte Willi, in dem er noch einmal das legendäre
Rockpalast-Konzert aus Dezember 1978 beschrieb. Dort hatte sich die Band
vor dem Auftritt mit den Veranstaltern und dem Fernsehteam heftig
gefetzt. Aber das ist Geschichte und wird vielleicht an anderer Stelle
noch mal erzählt.
Wie bei den bisherigen
Jubiläumskonzerten war das Set unverändert, was die Stücke, die im
Repertoire waren, anging. Ansonsten hatten die Acht mal wieder an dem
Arrangement bzw. an einigen Passagen gearbeitet. Alle – ohne Ausnahme –
waren an diesem Abend hoch motiviert und gut aufgelegt. Willi hatte an
einigen Stellen die Zügel fest im Griff, in dem er stellenweise wie ein
Dirigent auf der Bühne agierte.
Harro macht Nebel
Wie gut Willi drauf war zeigt seine
Ansage, die er machte, als er und Manu sich gerade mit ihren „Laminatgitarren“
bestückten. Laut rief er in den Saal: „Wollt ihr Rock’n’Roll?“, dem das
Publikum eine lautes „Jaaahhh“ entgegenschmetterte. Darauf Willi nur
ganz cool: „Dann wird das für einige für euch jetzt ziemliche scheiße“.
Denn es folgte das Instrumentalstück „Silent Movie“, das ja bekanntlich
zu den ruhigen, fest meditativen Stücken zählt.
Man kann eigentlich keinen aus der
Gruppe herausnehmen, denn sie waren alle einfach nur gut. Und trotzdem
möchte ich erwähnen, dass mich gerade wieder das Zeitfenster, das die
Band in der „Sonnentanz“-Version von „Solar Music“ öffnete, besonders
mitgenommen hat. Deva Tattva hatte an diesem Abend unglaublich tolle
Sounds in den Song eingewoben. Für mich klang das nicht nur nach
Grobschnitt, es hatte gar einen Ansatz von Ken Hensley’s (ex-Uriah Heep)
Spielart, die sich perfekt in den Track einfügte.
Für kleine negative Punkte bei den
Konzerten sorgen immer wieder Besucher (meines Erachtens immer welche
die erstmals wieder bei einem Grobschnitt-Konzert sind und sich
hervortun wollen), die dann in einer Passage irgendwelches dummes Zeug
in den Saal rufen. So auch dieses mal bei der ruhigen Eröffnung des
Zeitfensters im „Sonnentanz“. Willi spielt hierbei einen Part auf der
Akustikgitarre, der als Einstieg in den 70'er Part von
„Solar Music“
einleitet und der in Dortmund um einen neuen Anfang erweitert wurde. Noch bevor er in dieser recht ruhigen, schwebenden
Eröffnung loslegen kann, ruft jemand „langweilig“ in den Raum. Es zeugt
von seinem Können, das er sich in keinster Weise von derartigen
Störungen beeindrucken lässt, denn er spielte seinen Part in gewohnter
Perfektion.
Nach dem Konzert – die Ordner waren
recht uncool und schmissen uns und die Musiker, die sich wie gewohnt
unters Volk mischten - ziemlich schnell aus der Halle. Also war das
Nachglühen im schon bewährten Strobels angesagt. Die Zahl der
Nachtschwärmer war für diese Uhrzeit recht groß (Milla, Manu und Tati
waren in Begleitung ihrer Partner auch noch auf einen Sprung ins
Strobels gekommen) und auch die Verweildauer konnte sich sehen lassen,
denn auch dort blieb ein harter Kern bis die Angestellten Feierabend
machen wollten.
Fazit: Grobschnitt-Konzerte sind
wesentlich mehr als einfache Rockveranstaltungen. Für mich – wie für
viele andere - bedeutet es ein Lebensgefühl und eine Leidenschaft zur
Musik, die Band und Fanumfeld gemeinsam miteinander teilen. Ich bin bei
vielen Konzerten und auch in einigen Fankreisen unterwegs gewesen, aber
was sich im Umfeld von Grobschnitt abspielt, ist unerreicht. Harald
Stimpel hat es in der Grobschrift Nummer 6 bei seinem Bericht zum
Lendringser Konzert sehr schön ausgedrückt. Dem kann man nichts mehr
hinzufügen.
Stephan Schelle, 12.10.2010
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