Grobschnitt live
Hilchenbach, Kultur Pur, 23.05.2010


Es sind bereits viele Worte über Grobschnitt-Konzerte gesprochen und geschrieben worden. Eigentlich ist es kaum noch möglich etwas zu beschreiben, was nicht schon da gewesen ist, doch was an diesem Pfingstsonntag in Hilchenbach abging, war mal wieder unglaublich. Auch wenn die, die Grobschnitt in der aktuellen Zusammensetzung noch nicht erlebt haben, es wahrscheinlich nicht glauben können, so muss ich doch zum wiederholten Male eingestehen, die Jungs werden immer besser und toppten das Bisherige noch einmal. Aber kommen wir zu dem Festival:

    

    

    

    

Das Grobschnitt beim Kultur Pur-Festival in Hilchenbach auftrat, passte wie die Faust auf’s Auge, denn Festival und Band feiern in diesem Jahr ein rundes Jubiläum. Während Kultur Pur 20 Jahre vorzuweisen hat, sind Grobschnitt ja bekanntlich im Jahr 2010 auf 40jähriger Jubiläumstour. Und wenn die Groben „draußen“ spielen (so ganz war es ja doch nicht draußen, denn das eigentliche Konzert fand in einem riesigen Zelt statt, dass an ein Zirkuszelt erinnerte) dann stimmt auch das Wetter. War es Tage zuvor noch nass und kalt, so strahlte die Sonne an diesem Tag, was das Zeug hielt. Petrus wusste schließlich auch, dass am Abend der „Sonnentanz“ auf dem Programm stand.

                   

    

          

    

Schon am Nachmittag trafen sich einige Fans auf dem Festivalgelände, dem Giller in Hilchenbach. Hier war zunächst einmal eine Art Familienfest bei bestem Sommerwetter angesagt. Gaukler und Musiker unterhielten das zahlreiche Publikum und an den Ständen floss das Bier und brutzelten die Würste und Schnitzel. Und mitten drin befand sich eine Horde von Grobschnitt-Jüngern, die an ihrem Outfit unschwer zu erkennen waren. Aber nicht nur Hardcore-Fans, auch Besucher, die man sonst nicht bei den Konzerten sah, fanden sich auf dem Giller ein, um zunächst einmal einen gemütlichen Tag zu genießen.

    

    

    

    

Während wir so im Freien den Lieben Gott einen guten Mann sein ließen (es ist immer wieder toll diese Atmosphäre unter den Fans aufzusaugen), musste die Band gegen 18:00 Uhr ihren Soundcheck im Großzelt absolvieren. Die Gitarren, Rolfs Schlagzeug und vor allem die Bässe von Milla Bass und Tatti’s Keyboards dröhnten über den Platz. Eine ältere Dame war von den Bässen so irritiert, dass sie aufstand und den Himmel nach einem Helikopter absuchte. Danach hatte die Band auch schon vor dem Konzert die Möglichkeit sich unter die Fans zu mischen und so gab es auf dem großen Festivalplatz bereits am späten Nachmittag bzw. frühen Abend viele gute Gespräche. Und Ralf Dreger stellte unter Beweis, wie schnell doch ein Haarwuchsmittel funktioniert, denn sein Kurzhaarschnitt hatte innerhalb von nur einer Woche fast 30 Zentimeter zugelegt. Den Beweis liefern die Fotos.

     

    

    

    

Um 21:45 startete die Band dann ihren Gig. Die späte Stunde war einer zweiten Veranstaltung geschuldet, die in einem Nachbarzelt ablief und bei gleichzeitiger Durchführung doch arg gestört worden wäre. Der späte Beginn war für Zuschauer und Band gleichermaßen ungewöhnlich, doch was sich dann auf der großen Bühne unter dem Zeltdach abspielte, war phänomenal.

    

     

    

    

Ich hab schon viele Konzerte dieser Formation gesehen, doch in so ausgelassener Stimmung habe ich sie noch nie erlebt. Und spieltechnisch waren sie an diesem Tag einfach perfekt. Es gab aber auch gar nichts auszusetzen, nicht mal Klagen auf höchstem Niveau war möglich. Das lag sicherlich an der tollen Atmosphäre auf dem Gelände sowie der tollen Stimmung im Zelt, das mit ca. 2.000 Zuschauern gut gefüllt war.

    

     

    

    

Die Band spielte wie aus einem Guss und präsentierte sich in bestechender Form. Wenn man sonst schon mal kleine Verspieler wahrnehmen konnte, so war der Auftritt perfekt und sauber gespielt. Willi und Toni waren darüber hinaus gesanglich hervorragend und brachten die Stücke mit viel Herz rüber. Man sah an diesem Abend nur lachende Gesichter. So locker war die Stimmung auf der Bühne meiner Meinung nach noch nie.

     

    

    

    

Die einzelnen Musiker der „ersten Reihe“, ob Willi, Milla, Nuki oder Manu nutzten die große Bühne und machten ein ums andere Mal einen Ausflug auf die vorgezogenen Lautsprecher, die am Bühnenrand aufgestellt waren. Damit verkürzten sie des Öfteren den Abstand zum Publikum. Und auch die Roadies boten bei der Show einen perfekten Einsatz. Ob als Stoney’s, Autofahrer mit Schutzmann oder Steven als Mary Green, sie alle zeigten, dass sie einen Mordsspaß hatten. Steven als Mary Green mit seiner Spielzeuggitarre ist wirklich ein Brüller, vor allem wenn er sich mit Nuki, Manu und Milla ein Gitarrenduell liefert.

                   

                   

    

    

Einige Teile bzw. Nuancen waren im Gegensatz zu Menden schon wieder verändert, so zeigte die Band bei „Solar Music“ beispielsweise längere Solopassagen (vor allem Milla hatte sein Solo toll ausgearbeitet). Ein kleines Beispiel für die Faszination, die sie an diesem Abend ausstrahlten war die Tatsache, dass ich mich gut vor der Bühne platziert hatte und auf den Moment wartete, bis die seitlichen Feuerfontänen vor Rolf’s Schlagzeug hochschießen und Nuki davor steht. Dies wollte ich unbedingt ablichten. Ich war aber so von der 70’er-Jahre-Passage von „Solar Music“, im Zeitfenster vom „Sonnentanz“ berauscht, dass ich teilweise völlig weg war und auch mit geschlossenen Augen nur so dahinschwebte. Als ich die Augen öffnete, stand Nuki schon mittig auf der Bühne und die Fontänen schossen hoch. Als ich in der Hektik meine Kamera endlich bereit hatte, war der Feuerregen auch schon wieder beendet.

     

    

    

    

Das Licht war ebenfalls Top und sorgte für eine tolle Atmosphäre und die Nebelschwaden waren an diesem Abend besonders dicht und waberten ein ganzes Stück in die Zuschauer hinein, so dass man zeitweise die Musiker nur als Schatten, vor den hellen Scheinwerfern ausmachen konnte. Die Papierschnipsel, die im Finale von „Rockpommel’s Land“ von der Decke fallen, schwebten durch die Thermik im Zelt Minutenlang durch den Raum. Trotz der späten Stunde spielten Grobschnitt ihr komplettes dreistündiges Programm und hinterließen am Ende eine jubelnde Menge, in der die Hardcorefans nur einen kleinen Anteil der Zuschaueranzahl ausmachte. An diesem Abend hat die Band eine Menge neuer Freunde gewonnen.

    

    

Nach dem Konzert mischten sich die Jungs ebenfalls wieder unters Publikum und tranken den ein oder anderen Tropfen mit den verbliebenen Fans. So endete ein unglaublicher Pfingstsonntag, von dem ich immer noch nicht genau weiß, ob er Wirklichkeit war oder doch nur ein „Film in meinem Kopf“.

    

    

Stephan Schelle, 24.05.2010

 

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