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Westfalenpost vom 21.11.1979 zum Konzert vom 18.11.79

 

Novalis: Weg zwischen Träumen

Verse der Frühromantik glänzend vertont – Rock-Fans begeistert

Arnsberg. Mit fast sphärischen Klängen öffnete die Romantik-Rockgruppe "Novalis" den ausschließlich jungen Zuhörern im Sauerlandtheater am Freitag den Weg in ein musikalisches Phantasieland, in dem sich die Texte ihres geistigen Vaters (Novalis, 1772 – 1801) überwiegend mit Softrock zu einer ansprechenden Harmonie treffen. Die fünf Musiker bewiesen hervorragendes Gespür dafür, Novalis tiefmelancholische Verse, die sich zu einem erheblichen Teil um die mystische Verherrlichung des Todes drehen, in eine zeitgemäße Rockversion zu packen.

"Novalis" sucht den Weg zwischen den Träumen: immer wieder werden die minnesangartigen Parts mit ebenso einfachen wie gefühlsbetonten Texten durch harte Rock-Instrumentalteile unterbrochen, die das Aufnahmevolumen des Ohres bis an die Grenzwerte belasten. Dann wieder sich irgendwo im Endlosen verlaufende Klänge von Elektronikorgel und Synthesizer, der Weg in das Vergessen: "Wenn das Leben zu grauem Sand zerstäubt."

Auf einem Markt, der mit deutschen Rockgruppen dünn bis dürftig besetzt ist, nimmt "Novalis" qualitativ eine Sonderstellung ein: Verse der Frühromantik auf diese Weise zu vertonen, ohne zu verkitschen, setzt Sachverständnis und Einfühlungsvermögen voraus, das man bei vielen anderen (auch internationalen) Rockproduktionen weitgehend vermissen muß. Urvater Novalis (Friedrich Freiherr von Hadenberg), "der das Ich nicht als Vernunft versteht, sondern als Gemüt, in dem Endlichkeit und Unendlichkeit in der absoluten Poetisierung der Welt gefaßt werden" (Bibliograph. Inst., 5 Bd. 2), braucht sich nicht im Grabe umzudrehen: seine poetischen Früchte sind in gute Hände gefallen, die Musik seiner Novalis-Söhne ist frei von Verzerrtheit, aber man muß ihnen konzentriert zuhören können, und da muß auch Arnsbergs rockiger Nachwuchs noch einiges lernen.

Tom Zimmermann

 

Theater zum Bersten gefüllt

"Novalis" - Gruppe echter Superlative

Arnsberg. Die "Romantik-Rocker" von "Novalis" haben im überfüllten Sauerlandtheater voll "zugeschlagen". Ihre Art, musikalische Geschichten mit ungeahnten Effekten zu erzählen, feierte wahre Triumphe. Die Gruppe untermalte ihre Musik mit einem Film über Wale, der wahre "Brandungen" beim Publikum erzeugte; wohl nicht umsonst haben die Supermusiker von "Novalis" ihre drittletzte LP "Brandung" genannt.

Erzählt wird die Geschichte des Fisches Atlanto, der für einen Zoo gefangen wird und die Leiden eines Eingekerkerten durchmachen muss, ehe schließlich der gleiche Fischer, in dessen Netz er ging, ihn befreit und wieder im Meer aussetzt.

Der Sänger Fred Mühlbock war der Star des Abends. Er bestätigte seinen Ruf als einer der besten Sänger im deutschen Rock. Seine Stimme gibt "Novalis"" jenen unverwechselbaren romantischen Touch. Die Musik hat fast schon orchestrale Töne. Fred Mühlbock ist ein Lyriker der Spitzenklasse. Ein kleines Beispiel: Als kleiner Junge lag er stundenlang im Gras, starrte in den Himmel und träumte davon, in den Wolken wegzufliegen, wie der Wind zu leben, mit den Vögeln zu schweben und auf Dächer, Straßen und Menschen zu sehen ...

Bei dem begeistert mitgehenden Publikum kamen vor allem dieser Titel "Als kleiner Junge", aber auch "Danmark", "Ich hab noch nicht gelernt zu lieben", "Atlanto", "Der Geigenspieler" und "Ob Mensch, ob Tier, ob Baum" an. Auch die drei Zugaben - und hier vor allem "Wer Schmetterlinge lachen hört" – lösten wahre Ovationen aus. Neben Fred Mühlbock verdiente noch Lutz Rahn Hervorhebung aus einer großartigen Ensembleleistung. Eines dürfte sicher sein: Novalis wird auch in Zukunft für proppevolle Hallen sorgen. Mit Recht ...

Krautrock