Zeitungsartikel aus 1976

 

Grobschnitt-Live: Ein Brillantfeuerwerk
zündender Gags und dazu Rock-Musik

"Fez-Rocker" beweisen drei Stunden lang, daß auch die Deutschen rocken können

Lippetal-Oestinghausen. Wie groß bei den Jugendlichen im Kreis Soest der Wunsch nach einem zünftigem Rock-Konzert war, daß bewiesen die über 700 Jungen und Mädchen, die der Einladung der Music Comunity zu einem Grobschnitt-Konzert in der Gemeinschaftshalle in Oestinghausen gefolgt waren. Immerhin hatte die Hagener Gruppe, die mit einer der imposantesten und sensationellsten Bühnen-Shows aufwarten kann, seit zwei Jahren nicht mehr im hiesigen Raum gespielt. Vier hervorragende Langspielplatten und die zunehmende Resonanz in Presse und Rundfunk hatten ein übriges getan, auf Grobschnitt neugierig zu machen.

Um das Wichtigste gleich vorwegzunehmen: Die Fans haben ich Kommen sicherlich nicht bereut. Drei Stunden lang schafften sich die Jungs auf der Bühne und bewiesen, daß sie das Eintrittsgeld dreimal Wert waren. Neben zunehmender Perfektion in der immer irrer werdenden Bühnen-Show und der gewohnten Professionalität im Umgang mit dem anfangs reservierten Publikum erreichten die Musiker aus Hagen auch musikalisch neue Rekord-Marken.

Nach dem obligatorischen Intro, der wild-romatischen Geschichte vom senilen Zaubermeister auf der Suche nach dem absolut neuen Sound, die von mancherlei abartigen Fehlschlägen begleitet wird, gleich mit "Excursion of Father Smith" von der Jumbo-Lp eins der stärksten Stücke im Repertoire der Grobschnitt. Trotz leicht belegter Stimmbänder (Grippe) bewies Leadsänger und Rhythmusgitarrist Stefan Danielak, von seinen Mitstreitern liebevoll "Wildschwein" genannt, daß er mehr kann als nur Yeah-Schreien, wie einige Neider von ihm behaupten.

Knapp 100 Minuten spielten die Jungs im ersten Set und ließen dabei kaum eine ihrer starken Nummern aus. Auch die Tatsache, daß sie Probleme mit der Anlage hatten, konnte den Ablauf des Konzerts kaum stören. Notwendige Reparatur-Pausen wurden mit dummen Sprüchen gekonnt überbrückt.

Die folgende Stunde war dann wie üblich der Höhepunkt des Konzerts. Sechzig Minuten lang unternahmen die Jungen und Mädchen im Saal unter der Führung der Gruppe einen Trip in die Welt der solaren Musik. Eine Welt der schönen Klänge, die dem Publikum mit viel Können und Elektronik zugänglich gemacht wurde. Auch das Riesen-Feuerwerk, das Chef-Sprengmeister Ballermann auf der Bühne abbrannte, konnte nicht davon ablenken, daß die Band an diesem tag optimal zusammenkam. Leute, die schon viele Grobschnitt-Konzerte gesehen haben, bestätigten einstimmig, daß sie "Solar Music" selten so kompakt und vollendet gehört haben. Vor allem Gitarrist Lupo (Gerd O. Kühn) hatte einen Bombentag erwischt. Ihm gelang am Samstag einfach alles, und das Volk kam teilweise aus dem Staunen nicht heraus. Wen stört es da, daß die zweite geforderte Zugabe aus einer fünfzehn Sekunden-Bandabspielung bestand. Dafür dürfte die Fan-Gemeinde der Grobschnitt um einige Häupter gewachsen sein.

Reinhard Siemon

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