Artikel der WR aus 1981

 

WR besuchte Hagener Gruppe bei Aufnahmen zu der neuesten Langspielplatte "Illegal"

"Es ist viel passiert in diesem Jahr. Die LP ist kaum eine dreiviertel Stunde lang", sagt die Hagener Gruppe "Grobschnitt" über ihr neuestes Werk: "Illegal". Acht Monate haben die Musiker an ihrem Projekt gearbeitet. In einer kleinen Scheune in Sprockhövel richteten sie sich einen Probenraum und ein Studio ein. "Draußen brannte die Sonne, drinnen wurde gestritten und gelacht. Der Schweiß floß wie das Bier, wie der Kaffee, wie der Rotwein. Keiner hielt uns die Stoppuhr unter die Nase. Wir arbeiteten Tag und Nacht und sonntags. Einige um uns verstanden es nicht", berichtet die Band von der Zeit hinter verschlossenen Türen. Was dabei herausgekommen ist, kann sich sehen lassen. Die WR besuchte "Grobschnitt" bei den Aufnahmen und vor ihrer Tournee, die Ende Februar startet.

Grobschnitt ‚81: Acht Monate für 45 Minuten Musik eingeschlossen

Von Klaus Bröking

Hagen/Haßlinghausen. Sänger "Wildschwein" steht am Mikrophon im Grobschnitt-Studio. Immer wieder singt er die Zeilen ihres Titels "Space-Rider". Zwischen die englischen Zeilen mischen sich Worte wie "Starkstrom! Powersülze!". "Meint ihr wirklich, jemand wird später auf der Platte merken, daß ich deutsch singe?" Lupo, der Gitarrist, zuckt die Schultern. "Toni Moff-Mollo" beschließt, ihre Arbeit durch einen Gang in die nächste Kneipe zu unterbrechen: Das Bier ist wieder alle! Wie spät es ist, weiß keiner von der Gruppe. In der Scheune in Haßlinghausen wird halt gearbeitet, bis die Sache steht.

Lupo hält nichts von kurzen Auftritten: "Nach 90 Minuten erst richtig warm"

Fünf Monate später im Büro der "Grobschnitts" in Hagen-Haspe. Lupo holt aus einem dicken Stapel eine Langspielplatte: Es ist geschafft. Alles haben die Musiker selber gemacht. Die Kompositionen, die Texte, die Gestaltung und natürlich die richtige Tonmischung. "Wir haben diesmal einige richtige Rockstücke dabei", erzählt der neue Bassist der Truppe, Milla Kapolke. Diesmal hätten sie es anders gemacht: "Ein wenig locker, nicht so sauber und clean wie bei den bisherigen Platten. Wir wollten die Atmosphäre nicht zerstören." Die Stücke reichen von fast zarten Liedern bis zu harten Sachen.

Doch eine Platte ist nicht alles für eine Band. Vom 25. Februar an geht "Grobschnitt" auf eine 43-Konzert-Tournee durch Deutschland und die Schweiz. Im Herbst ist eine Gastspielreise durch Europa geplant. Mit einfach auf die Bühne stellen und spielen ist da nichts. Bereits 50 Tage vor dem Tournee-Start haben die Hagener eine Halle in Menden gemietet. Nur so können sie in Ruhe ihre aufwendige Show planen.

"Wir spielen nicht wie andere Gruppen nur 90 Minuten. Dann sind wir erst richtig warm. Unser Programm dauert dreieinhalb Stunden", erklärt "Lupo". Auf einen Manager für die Reise verzichtet "Grobschnitt": "Wir haben 10 Jahre lang die Gruppe aufgebaut, das lassen wir uns doch nicht kaputtmachen." Arbeitsteilung macht es möglich.

Die von den Musikern festgelegten Eintrittspreise liegen zwischen 13 und 15 Mark. Erstaunlich niedrig für die nicht zimperliche Branche. "Wir wollen, daß alle Fans kommen können", begründen sie ihre Entscheidung, "mehr können junge Leute nicht bezahlen." "Grobschnitt" ist sicher, daß ihre Konzerte ausverkauft sind: "Schließlich kommt Pink Floyd extra so früh im Jahr, damit sie nicht mit uns um die Zuschauer kämpfen müssen", flachst "Lupo".

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