Artikel aus Oktober 1982

 

Mal zart – mal hart

"Grobschnitt" auf Deutschlandtournee

VON THOMAS HENNECKE

Menden./Hagen. Am konzertanten Grobschnitt-Stil hat sich wenig geändert. Die Mixtur aus optischen Gags, Show und Musik ist die gleiche geblieben, wenngleich der auf Witz und Spontaneität basierende Teil nicht unerheblich geschrumpft ist.

Grobschnitt ’82 live: das ist mehr Musik, einfühlsame Balladen – lebendig instrumentiert und zuweilen an die Gitarren-Virtuosität eines Al Di Meola erinnernd, das ist aber auch ein Querschnitt durch 12 Jahre harten Einsatzes an der Rock-Front.

Zum Auftakt der Deutschland-Tournee in Menden-Hüingsen gab die Gruppe sich spielfreudig und professionell. Lupo trieb mit der Leadgitarre, Wildschweins röhrende Stimme klang nicht schön, aber intensiv, Eroc versah sein Schlagzeug-Spiel mit verhaltener Gestik, und Milla schwebte förmlich baßzupfend über die Bühne.

Grobschnitt griff tief in eine prall gefüllte Song-Kiste. Aufbauend auf den "Razzia-Stücken", die Lupo als die "wichtigsten überhaupt" in der Geschichte der Gruppe bezeichnete, knüpften die Hagener einen musikalischen Teppich – Synthese aus frechen Rhythmen, eingängigen Melodien und politisch-derben Texten. Man vertraut wieder auf Bewährtes, die experimentelle Phase ist vorbei.

Nach sieben Jahren endlich ein "Heimspiel": Grobschnitt gastiert am Donnerstag, 4. November in Hagen (20 Uhr, Stadthalle).


Grobschnitt: "Razzia" im Sauerland

Von Klaus Bröking

Hagen. "Normale" Gruppen verabschieden sich nach rund 90 Minuten von ihrem Publikum. Die Hagener Gruppe "Grobschnitt" ist in diesem Sinne keine normale Gruppe. Die Musiker fangen dann erst einmal richtig an, wenn ihre Kollegen schon Schluß machen: Runde drei Stunden dauerte das Programm der Band, die im sauerländischen Menden jetzt ihre Tournee startete.

Runde 16 Jahre ist "Grobschnitt" bereits ein Markenzeichen für Musik aus Hagen. Mit ihrem neuen Programm "Razzia" hat die Band zumindest auf der Bühne einen Höhepunkt ihrer Arbeit erreicht.

"Grobschnitt" live ist nicht nur von der Dauer mehr als ein Konzert. Spielszenen wechseln sich mit Liedern ab. Einschmeichelnde Balladen, mit musikalischer Perfektion vorgetragen, ergänzen Hard-Rock-Stücke. Da zeigt der "alte Zauberer" seine Kunststücke, brausen Schweine in Raketen über die Bühne, spielt "Kermit" der Frosch aus der "Muppet-Serie" Schlagzeug, wird der Sensenmann, umrahmt von Robotern, unter einem strahlenden Lichtaltar präsentiert.

Aber, es ist nicht nur die aufwendige Show, die die Zuschauer in ihren Bann zieht. Musikalisch ist die Perfektion kaum noch zu überbieten. Gitarrist Gerd Kühn zählt mittlerweile zu den Besten in Europa. Seine Soli haben nicht jene Brutalität, die bei manchen Gruppen einfach das Unvermögen verdecken sollen. Bassist Milla Kapolke ergänzt ihn hervorragend. Die röhrenden Stimmen von den Sängern "Wildschwein" und "Toni Moff Mollo" verleihen Stücken wie "Wir wollen leben" eine fast spürbare Eindringlichkeit.

"Grobschnitt" ist aber auch in ihren Texten unbequem für diejenigen, die es gerne bequem haben wollen. Die Musiker setzen sich für die Legalisierung von Marihuana ein, wettern gegen Aussteiger und zeigen deutlich, daß ihre Sympathien weder der jetzigen, noch der früheren Bundesregierung gehören. Kein Wunder also, daß die Hagener nicht in allen Hallen gern gesehene Gäste sind.

Alles in allem hat sich "Grobschnitt" mit ihrer "Razzia"-Show wieder in die Spitzengruppe der deutschen Bands gespielt.

 

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