Interview aus dem "Musikertreff!" von 1981

 

Das folgende Interview entstand in Zusammenarbeit mit Jörg Hoppe vom MUSIKER/music news. Unsere Gesprächspartner waren Lupo und Milla.

MUSIKER: Wie kommt es eigentlich, daß GROBSCHNITT im vergleich zu den verkauften Platten so wenig im Fernsehen zu sehen ist, wenn man von der Rockpalastsache mal absieht?

Lupo: Das liegt wohl daran, daß wir nichts in diese Richtung unternehmen, zumal wir bei der Rockpalastsendung ziemliche Schwierigkeiten hatten. Wir hatten des öfteren mit den Fernsehleuten Meinungsverschiedenheiten, und weil wir eigentlich immer das gemacht haben, was wir wollten, ergab das ziemlichen Ärger. Wir haben aber gemerkt, daß es auch ohne Fernsehen geht, sonst wären wir wohl nicht in der Lage, alleine 5.000 Leute in die Grugahalle zu locken ....

MUSIKER: Meinst Du, daß es diesmal diesmal auch wieder so viele werden wie auf Eurer letzten Tournee, oder vielleicht noch mehr?

Lupo: Man redet ja im allgemeinen seit einem Jahr von einer Konzertkrise in der Branche, aber, weißt Du, das interessiert uns gar nicht ...

Ich kann nur sagen, wir starten Ende Februar, PINK FLOYD etwas früher ..., da haben’se Glück gehabt, sonst hätten sie Pech gehabt!

MUSIKER: Was kostet der Eintritt eigentlich bei Euch?

Lupo: Ich galube, im Schnitt haben wir Preise zwischen 14 und 18 Mark.

MUSIKER: Das ist relativ billig ...

Lupo: Ja, für’n 3 ½-Stunden-Programm, das wir machen werden, mindestens ... Wenn wir Pech und die Leute Glück haben, stehen wir noch länger auf der Bühne!

Ich halte den Preis in der Relation zum Aufwand für angemessen. Wenn ich sehe, was irgendwelche englischen oder amerikanischen Gruppen auffahren, nur 90 Minuten spielen und dann wesentlich höhere Eintrittspreise nehmen, kann ich mich nur wundern. Und ich sehe unsere Einstellung von den Leuten entsprechend Honoriert, denn sie kommen eben auch in entsprechend hohen Zahlen zu unseren Konzerten! Deshalb werden wir unsere Preise auch beibehalten.

MUSIKER: Was ist neu GROBSCHNITT ’81?

Lupo: Eigentlich ist viel neu! Wir haben ‘ne neue Platte genacht, wir haben einen neuen Bassisten, wir werden ein völlig neues Programm haben ...

MUISIKER: Was hat sich bei Euch durch Milla’s hinzukommen verändert?

Lupo: Wir haben zum Beispiel ein anderes menschliches Verhältnis untereinander bekommen, seitdem er da ist. Er ist jetzt 1 Jahr dabei. Es ist alles harmonischer im Vergleich zu früher. Früher dachten die Leute von uns, daß alles in bester Ordnung wäre ohne Streitigkeiten und so, was allerdings ein Irrtum war. Heute ist es wirklich so!

In bezug auf Popo’s Austritt möchte ich nur sagen, da gibt’s ‘ne ganz einfache Erklärung: "Veränderungen bringen neues Leben, und neues Leben ist das, was uns immer ausgezeichnet hat!"

MUSIKER: Und was hat sich musikalisch durch Milla’s Eintritt und Mitwirken verändert?

Lupo: Ich glaube, wenn man sich die neue Platte anhört, kann man das ganz gut raushören. Ansonsten geht alles viel schneller und flüssiger ...

Dazu kommt, daß Milla 100%ige eigene Ideen hat, die er mitbringt und auch durchsetzt. Obwohl er erst 1 Jahr dabei ist, war er nie Mitläufer, sondern hat von Anfang an mitgedacht und mitgespielt.

MUSIKER: Was ist denn an dieser LP von Dir, Milla, oder besser gesagt, welche Ideen auf "Illegal" sind ursprünglich von Dir gekommen?

Milla: Als erstes möchte ich sagen, daß es bei GROBSCHNITT keinen Einzelkomponisten gibt, sondern alles von der Gruppe gemeinsam ausgearbeitet wird!

Ich habe zum Beispiel zwei Texte "The Sniffer" und "Merry Green" geschrieben, die ich dann noch mit Eroc und Mist durchgesprochen habe und wo wir dann einiges geändert haben. Außerdem bin ich auch noch auf den Titel der LP gekommen.

MUSIKER: Wie kamst Du ausgerechnet auf "Illegal"?

Milla: Wir hatten lange nach Titeln gesucht, wobei wir meistens Titel nehmen, die englisch und deutsch sind. Ich hatte mir die Texte noch mal angeguckt, wo mir dann auffiel, daß sich Illegalität doch in vielen Texten wiederspiegelt.

Bei "Merry Green" geht’s zum Beispiel um Legalisierung von Marihuana; oder "Raintime", wo es etwas versteckter ist, da wird es erst bei mehrmaligem Durchlesen klar, daß es um Atomkraftwerke – anti Atomkraft – geht, und da laufen natürlich auch viele Sachen, die illegal sind.

Es ist zwar keine Konzept-LP, aber irgendwie hat fast jedes Stück – im weitesten Sinne – mit Illegalität zu tun. Und ich Glaube, der Titel drückt auch gut die Stimmung der LP aus, - so ein schöner Titel wie "Rockpommels Land" oder "Merry Go Round" würde dazu gar nicht passen, glaube ich.

MUSIKER: Bei "Merry Green" sagtest Du, geht es um Marihuana. Welche Aussage trefft Ihr da?

Milla: Wir sprechen darauf die Legalisierung an. Es ist eine kritische Auseinandersetzung mit Marihuana. Es werden Hasch und leichte Rauschmittel also nicht als positiv dargestellt, sondern es geht darum, daß es doch Scheiße im Grunde ist, daß Leute wegen solch ‘ner harmlosen Sache in den Knast kommen, und daß es wohl besser wäre, die Sache zumindest zum Teil zu legalisieren, wie zum Beispiel in Holland. Das könnte die Lösung für das Drogenproblem sein, weil zumindest in der Grundtendenz wesentlich weniger Leute umsteigen würden auf härtere Drogen. Denn der Grund, warum Leute umsteigen, ist in der Illegalität der leichten Drogen zu suchen.

MUSIKER: Wenn ich Euch jetzt richtig verastanden habe, seid Ihr im Prinzip also gegen Drogen ...

Milla: Das ist im Prinzip richtig. Im Text geht es allerdings nicht um "dafür" oder "dagegen", sondern darum, daß die Droge auch keine Antwort ist, aber daß es auch Scheiße ist, daß die Jungs dafür in den Knast kommen.

Alkohol ist mit Sicherheit genauso schädlich, und es gibt 1,5 Millionen Süchtige in Deutschland, dagegen aber keinen Haschsüchtigen, weil Du davon eben nicht süchtig werden kannst! Scheiße ist eben, daß Leute, die wirklich harmlos sind, in die Kriminalität gedrängt werden und Angst haben müssen, daß sie erwischt werden.

MUSIKER: Inwiefern war es für Dich, Milla, eine Veränderung, als Du bei GROBSCHNITT eingestiegen bist und mit "echten" Profis arbeiten mußtest?

Milla: An sich konnte ich immer schon gut hart arbeiten an so’ner Sache. Bei GROBSCHNITT wird ziemlich hart und diszipliniert gearbeitet. Hinzu kommt, daß mir eben die ganze Arbeit Spaß macht, weil ich halt Musik mache. Ich bin wie jeder in der Gruppe leidenschaftlicher Musiker, und wenn ich Musik machen kann, bin ich glücklich.

MUSIKER: Ich habe gehört, daß Ihr volle acht Stunden jeden Tag spielt ...

Milla: Wir fangen normalerweise um 14 Uhr an, und manchmal geht’s so bis 23 Uhr, je nachdem, was so gerade anliegt. Wobei viel zwischendurch geredet wird, Showsachen werden besprochen und alles, was sonst anliegt. Wildschwein und Lupo sitzen vormittags im Büro, und jeder andere macht auch noch so seine Sachen. Wir sind im Moment also ziemlich kaputt und freuen uns jetzt auf den Urlaub!

MUSIKER: Eure Tournee erscheint Euch also nicht so anstrengend wie das Übern?

Lupo: Die Tournee ist unser Urlaub. Die Vorbereitungen sind nur tierisch hart!

MUSIKER: Ihr übt jetzt schon in Menden zur Vorbereitung ...

Lupo: Ja, wir haben für 2 Monate die Halle gemietet, aber mit öffentliche Proben, wie in der Rundschau berichtet, hat das nichts zu tun!

Wir fangen jetzt also an mit den Proben und versuchen, aus Musik und Show eine Einheit zu machen, und das wird wohl frühestens Mitte Februar der Fall sein. Dann werden wir wohl jeden Tag 1x das gesamte Programm durchspielen.

MUSIKER: Habt Ihr eigentlich nie damit zu kämpfen, daß Euch selber nach einiger Zeit die Stücke langweilig werden?

Lupo: Eigentlich überhaupt nicht!

MUSIKER: Was spielt Ihr noch von den alten Stücken?

Lupo: Wir spielen ein Potpourri aus "Rockpommels Land", von der ersten LP "Travelling", "Vater Schmidt" vom "Jumbo"-Album in deutsch, von "Merry Go Round" spielen wir zwei Stücke – also so quer durch den Garten eigentlich. Und dann natürlich die ganze neue LP "Illegal". Und außerdem haben wir noch ein ganz neues Stück, das im Prinzip noch nie auf Platte veröffentlicht worden ist. Das ist 30 Minuten lang und soll auf die nächste LP, die wahscheinlich halb live und halb im Studio eingespielt wird.

MUSIKER: Wieviele Leute seid Ihr eigentlich jetzt insgesamt?

Lupo: Achtzehn. Davon sind sechs Musiker, und ohne die anderen geht es nicht.

MUSIKER: Was läuft bei Euch so im Ausland?

Lupo: Wir spielen auch in der Schweiz und machen das Volkshaus immer ziemlich voll. Ich bin der Meinung, daß es sich im Ausland nur lohnt, wenn dort eine LP auf dem Markt ist, die auch entsprechend promoted wird, so daß die Sache dann von alleine läuft. Wenn Du eine Platte hast, die auf Platz 20 oder 30 ist, heißt das mit anderen Worten, daß Du in Clubs spielen mußt, und das ist mit unserem Aufwand nicht möglich. Also bleib‘ ich zu Hause.

MUSIKER: Veröffentlicht wird es aber im Ausland?

Lupo: Klar, in Holland, Japan, Kanada wird es angepreßt, und durch den Export geht es eben überall hin. Aber interessant ist es nur, wo die Platte selbst angepreßt wird, aber bis jetzt leider noch nicht in weltbewegender Stückzahl.

Ich muß eigentlich immer lächeln, wenn ich so in der Zeitung lese, wer alles nach Amerika fährt ... aber was in der Presse steht, darf man sowieso nicht alles glauben. Wenn man danach geht, sind wir auch schon dreimal um die Welt gereist ... Was soll’s jeder soll sein Späßchen haben.

MUSIKER: Wie siehst Du eigentlich die Hagener Szene, Du bist nicht so gut drauf zu sprechen, oder?

Lupo: Nee, das ist überhaupt nicht wahr. Ich mußte doch letztens lesen: "die Altrocker"! Ich weiß ja nicht, wer den wieder in Umlauf gebracht hat, aber ich möchte nur sagen: wir als "Altrocker von Grobschnitt", - hätten wir in unserer Jugendzeit so ‘ne Musik gemacht wie die "Jungrocker" heute, dann wären wir wahrscheinlich nie "Altrocker" geworden! Irgendwann hätten wir dann wohl wieder einen "richtigen" Beruf lernen müssen, um überhaupt über die Runden zu kommen.

MUSIKER: Also findest Du das einen drunter, was da so gemacht wird ...

Lupo: Das ist nicht wahr! Ich war jetzt bei EXTRABREIT, und das hat mir gut gefallen, die RAMBLERS hab‘ ich auch gesehen, - hat mir im Prinzip auch gut gefallen, nur – irgendwas muß denen fehlen, vielleicht ist es die Ausstrahlung. Wenn Du’s jetzt vom Spielerischen siehst, haben mir die RAMBLERS eigentlich gut gefallen. Ich wünsch‘ ihnen alles Gute !

MUSIKER: Füht Ihr Euch von der "Neuen Welle" beeinflußt?

Lupo: Es gibt wohl keinen, der sich ganz davon freisprechen kann, wichtig ist, daß der Sound, den man von der Gruppe gewohnt ist, erhalten bleibt.

Milla: Als ich in die Gruppe kam, merkte ich gleich, daß hier keine Musik nach irgendeiner Trendanalyse gemacht wird, sondern hier wird nur gemacht, was Spaß macht! Ich bin der Überzeugung, daß die LP genauso geworden wäre, wenn es keine Neue Welle gegeben hätte. Dieser Trend, daß auch mal ein paar Stücke dabei sind, wo Du mit dem Arsch wackeln kannst, der lag wohl in der Gruppe selber.

MUSIKER: Was mich noch interessiert: Welche Platte hat sich eigentlich am besten verkauft?

Lupo: Vier Platten liegen dicht beieinander: "Ballermann", "Rockpommels Land", "Solar Music Live" und beide "Jumbos", wenn man sie als eine Einheit betrachtet.

MUSIKER: "Volle Molle" lief nicht so gut?

Lupo: Die ist ja noch nicht so lange auf dem Markt. Wir müssen erst wieder auf der Bühne präsent sein, dann zieht der Plattenverkauf auch wieder an. Das macht bei uns mehr aus, als bei jeder anderen Gruppe, das kannst Du Dir gar nicht vorstellen!

Es sind inzwischen 16 Monate her, als wir zum letzten Mal auf der Bühne standen. So eine lange Pause hatten wir noch nie. Viele behaupten ja, - und da liegen sie auch ganz richtig – wir hätten "Volle Molle" nur für uns selbst gemacht. Und das kann ich nur unterstreichen: da sind Witze drauf, über die nur ich lachen kann und Wildschwein, und sonst vielleicht keiner! ... dann hat er eben Pech gehabt, aber ich kann darüber lachen, und auch noch in 20 Jahren ...

MUSIKER: Wie wird Toni denn jetzt live seinem Gesang, der Percussion und noch der Lightshow gerecht werden? Die Lightshow ist gerade bei Euch doch ziemlich wichtig!

Lupo: Er wird es nicht immer alleine machen. Wahrscheinlich hilft Ballermann hier und das mal aus. Das wird alles so koordiniert, daß es klappt.

MUSIKER: Wie wird das finanziell bei Euch geregelt? Kriegen alle immer das gleiche?

Lupo: Ja, jeder der sechs Musiker bekommt das gleiche, und die Roadies sind die eigentlichen Großverdiener, die bekommen 250 Mark am Abend.

Eigentlich gibt es bei uns keine Roadies ..., jeder Bühnenwart kriegt ja auch ‘ne Maske auf und muß irgendeinen Lappen anziehen, und sonst läuft gar nichts, sonst kann er gleich zu Hause bleiben.

Es ist also wirklich ein Schweinejob, den möchte ich wirklich nicht machen ... Es ist manchmal unmenschlich, wenn man überlegt, was die arbeiten und fahren müssen, ohne Schlaf zwischendurch, obwohl wir immer versuchen, daß keine Nachtfahrt dazwischen liegt, aber manchmal bleibt es halt nicht aus.

MUSIKER: Wie sieht es aus, - würdet Ihr in Hagen spielen, wenn es platzmäßig ginge?

Lupo: Ich würde eigentlich sofort in Hagen spielen. Aber ich will Dir den Grund sagen, warum es nicht passiert: wenn wir in der Ischellandhalle spielen, nervt es mich, daß die Leute die Schuhe ausziehen müssen! Solange das so ist, spiel‘ ich nicht da! In dem Augenblick, wo sie die Schuhe anlassen dürfen, spiel‘ ich auch in der Ischellandhalle!

MUSIKER: Was ist mit der Stadthalle?

Lupo: In der Stadthalle spiele ich nur, wenn der Boden 100%ig blank geputzt ist, sonst sieht mich da keine Sau.

MUSIKER: Die Bezirksschülervertretung will dieses Jahr wieder ein Rockfestival machen. Würdet Ihr da mitmachen?

Lupo: Ein Open-air? Am Bismarckturm? Schließ‘ ich nicht aus! Ist durchaus möglich. Es muß nur dementsprechend aufgebaut sein, falls wir da spielen, - die Anlage muß halt überdacht sein ...

Wir bedanken uns für das Interview ...

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