Artikel der Düsseldorfer Nachrichten vom 19.11.1979

 

Grobschnitt: Straffer Stil auf rockigem Kurs

Blitze blinkern durch die Dunkelheit. Pappkopfmonster mit Taschenlampenaugen zuppeln den Vorhang beiseite. Mystisch vermummte Gestalten entsteigen einer klapprigen Holzbude, in deren Tür ein großes Herz gesägt ist. Wer besteigt die Bühne schon durch ‘ne Lokustür? Sowas gibt's halt nur bei Grobschnitt. Und wenn sie dann singen "laß das sein, du schaffst das nicht", bezieht sich das keineswegs auf sie selbst.

Denn wovon internationale Superstars oftmals träumen, schaffen die heimischen Grobschnittler spielend: volle Hütten. 3000 Fans waren es wieder in der Philipshalle. Für die Horde aus Hagen kein ungewöhnliches Ergebnis, weil Grobschnitt weiß, was Freakies wünschne: Rock und Klamauk.

Sie haben sich viel einfallen lassen, um den Getreuen Neues gönnen zu können. Deftige Späße über einen gewichtigen Bayern, Pop-Musik-Verschaukler, eine Laser-Show als Leser-Show (zeitungslesend spazieren alle über die Bühne) und etliche Gags zwischen burlesk und bissig poltern ins Programm.

Nicht zu vergessen ihre Musik. Rockiger und rhythmischer denn je präsentieren sich die Titel ihrer aktuellen LP "Merry-Go-Round". Da ist straff am Stil gearbeitet worden. Endlich haben die Stücke zeitgemäßes Format, großzügige Gesangsarrangements, vollen, aber luftig leichten Sound und knackige Takte. Das macht Grobschnitt, die sonst nur live überzeugen konnte, auch auf Vinyl konkurrenzfähig. Kaum zu glauben, aber wahr: manchmal klang‘s wie eine geglückte Synthese aus Lake und Supertramp, wenn auch hie und da noch Längen die Dynamik bremsten.

Wie sehr sich das Grobschnitt-Team jetzt am Boden orientiert, demonstrierte es mit der verrockten Neufassung von "Solar Music". Nicht Magnesiumblitze beendeten das Spektakel, sondern Funkenfontänen zweier Schleifmaschinen. - Verständlicher Jubel nach dieser gewitzten Show.

midu

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