Ketch up März 1986

 

GROBSCHNITT

Sie gehören zu den dienstältesten Bands der Republik. Ihre ersten Erfolge feierten "Grobschnitt" 1970, als eine der populärsten "Krautrock"Formationen. Und allzu sehr hat sich das Repertoire seither nicht geändert. Vor allem die aktuelle LP "Sonnentanz" knüpft an alte Zeiten an. Zu hören ist darauf, was seit eineinhalb Jahrzehnten den Mittelpunkt jedes "Grobschnitt"-Konzertes bildet: "Solar Music", ein überlanges Medley, das schon in zwei anderen Versionen auf Platte kam.

Milla Kapolke, seit 1980 Bassist der Band: "Dadurch werden wir unsere Konzerte anders aufbauen als sonst." Sonst lief ein "Grobschnitt"-Konzert in zwei Blöcken ab: Der erste wurde mit dem Material der aktuellen LP bestritten, der zweite mit älterem Material. "Aber wir haben ,Solar Music‘ bisher immer am Ende der Show gebracht", meint Milla, "deshalb spielen wir diesmal die Platte - also ,Solar Music‘ - am Schluß, die älteren Stücke vorher."

Platz genug ist im Programm. Dreieinhalb Stunden lang wollen "Grobschnitt" 1986 pro Abend auf der Bühne stehen, eine Stunde länger, als im vergangenen Jahr, während der "Jubiläums-Tour" für 15 Jahre "Grobschnitt". Milla Kapolke: "Wir haben früher sogar schon mal vier Stunden lang gespielt -, da hatten wir letztes Jahr bei zweieinhalb Stunden das Gefühl, die Konzerte seien ein wenig kurz geraten. Wir hatten einfach richtig Lust, mal wieder etwas länger zu Spielen."

In den dreieinhalb Stunden (Milla: "Vielleicht wird's ja sogar noch ein bißchen mehr ...") werden dann wohl auch Stücke Platz haben, die man lange nicht mehr live von "Grobschnitt" hören konnte. Kapolke: "Wir werden wohl auch was aus ,Rockpommels Land‘ mit reinnehmen. Und ganz, ganz neue Stücke - die erst auf die nächste LP kommen."

Nicht mit dabei sein wird der Stamm-Drummer der Band, Peter Jureit. Er hatte sich während der letzten Tour eine Sehnenscheidenentzündung geholt und ist noch nicht wieder fit. Als Ersatz holten sich "Grobechnitt" Rolf Müller, den Schlagzeuger von "Extrabreit". Milla Kapolke: "Aber nur für diese Tour. Denn wegen einer Verletzung, finde ich, darf man niemanden rauswerfen. Und außerdem gehört Peter Jureit einfach dazu." Und das seit zwei Jahren. Damals ersetzte er Gründungsmitglied Eroc am Schlagzeug.

Aus den ersten Tagen sind nur noch Gitarrist Lupo und Gitarrist Willi Wildschwein bei "Grobschnitt". Sie hatten die Formation 1970 in Hagen aus der Taufe gehoben, hatten 1972 die erste Platte eingespielt. Im Jahr danach jubelte die Jugendzeitschrift "Pop" nach einem "Grobschnitt"-Konzert: "... eine monströse, dreistündige Freakklamotte, die ihresgleichen sucht und durch Rock-Show, Theater, Pantomime, ZDF-Hitparade und Klapsmühle dem Publikum Freudentränen in die Augen jagt." Vollmundig, gell?

Aber immerhin - der Erfolg gab ihnen Recht 1978 zum Beispiel kamen 120.000 Zuschauer zu "Grobschnitt"-Auftritten. Im Jahr zuvor war ihre wahrscheinlich berühmteste LP erschienen, das Konzept-Album "Rockpommels Land". Darin wird von Klein-Ernie erzählt, der vom Nacken eines Marabus aus nach dem Glück Ausschau hält.

Inzwischen haben sie es auf fünf LPs gebracht Und auch im letzten Jahr wollten noch rund 100.000 Fans ihre Konzerte sehen. Damit diese Zahl 1986 vielleicht noch übertroffen wird, wollen "Grobschnitt" auch diesmal nicht an theatralischen Effekten sparen. Milla Kapolke: "Wir machen wieder eine ganze Menge an Show-Sachen. Und natürlich sind - wie immer - auch die Roadies mitbeteiligt. Diese ganzen Einlagen wären auch ein bißchen viel für die Musiker. Die Masken haben wir alle selbst gebastelt. Und jetzt haben wir so viele davon, daß wir noch gar nicht wissen, ob wir auch tatsächlich alle in den LKW bekommen ..."

Jürgen Seibold

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