Artikel au der Zeitschrift Musiker zum Konzert in Schwalbach   Sept. 1977

 

GROBSCHNITT LIVE

Ein phantastisches Konzert ist vorbei. Knapp 4 Stunden Musik und Show (welche andere deutsche Gruppe bietet derartiges?), die schneller vergingen als manches 1-Stunden-Konzert von anderen Gruppen: Grobschnitt-Auftritt September ’77 in Schwalbach/Ts.

Grobschnitt, das sind Joachim (EROC) Ehrig: drums; Stefan (WILDSCHWEIN) Danielak: vocals, guitar; Gerd (LUPO) Kühn: guitar; Volker (MIST) Kahrs: keyboards; Wolfgang (PEPE) Jäger: bass; Rainer (TONI MOFF MOLLO) Loskand: lights; Ralph (EL BLINDO) Büser + Uwe (BALLERMANN) Giebeler: Roadies, mixing etc. - . Grobschnitt, das ist eine Gruppe mit einer in Deutschland einzigartigen Bühnenshow, in die ungeheuer viel hineingearbeitet wurde. Auf der Bühne wird eine märchenhaft unwirkliche Stimmung kreiert, vermummte Gestalten agieren teils alleine, teils mit den Musikern zur Livemusik, eingetaucht in effektvoll angewandte Nebelschwaden, Feuerwerk- und Lichteffekte, unterstützt von Tonbandeinspielungen, etc. etc. ...

Mit großer Perfektion wurden alle diese Einzelteile zu einem Ganzen geformt, in dem die als Pantomime mit Tonbandmusik und –text beginnende Saharashow ebenso ihren Platz findet wie die Rockoper vom kleinen Ernie, der sich nach Rockpommels Land aufmacht, um dort die unglücklichen Bewohner zu befreien und das cirka 60-minütige Improvisationsstück "Solar Music". (Rockpommels Land ist übrigens Titel und Thema der derzeit auf dem Markt befindlichen Grobschnitt-LP)

Viel Phantasie und Einfallsreichtum stecken in dieser Show, von den Kostümentwürfen für die Theater- und Showparts bis zum - per Tonband eingespielten - gequälten Aufschrei des von Klein Ernie malträtierten Plastikschwans.

Es folgt ein Auszug aus dem Grobschnitt Info-Text, dem ich mich leider anschließen muß: ".... Unfähigkeit, einen Grobschnitt-Auftritt mit Worten oder Kommentaren auch nur annähernd wiederzugeben. Man muß das Ganze (denn nur so kann man es bezeichnen) einmal miterlebt haben, .... Erzählen kann man hinterher kaum etwas, höchstens jedem empfehlen, selbst ein Grobschnitt-Spektakel zu besuchen. ...." Und genau das Letztere tue ich hiermit.

Auch die Anhänger anspruchsvoller Musik kommen voll auf ihre Kosten, denn der Musik widmen Grobschnitt natürlich ebensoviel Aufmerksamkeit wie dem Rest ihrer Show. Recht anspruchsvoll im Aufbau, gleichzeitig aber ausreichend rhythmisiert um zu verhindert, daß sie zur "nur-Kopf-Musik" wird, ist die Musik dem hohen Niveau der Show angepaßt. Nach dem Konzert fand das folgende Interview statt:

 

MUSIKER: "Wie oft habt Ihr diese Show, dieses Programm bis jetzt gespielt?"

LUPO: "Seit März 1977."

MUSIKER: "Macht es Euch immer noch Spaß? Es gehört doch viel Arbeit, viel Konzentration dazu?"

LUPO: "Der Spaß ist uns das Wichtigste. Es geht nicht so ums Geld, obwohl das natürlich auch wichtig ist; ohne den Spaß könnten wir uns gar nicht so produzieren, er gehört dazu."

MUSIKER: "Wie lange etwa wollt Ihr bei dem jetzigen Programm bleiben?"

LUPO: "Wir arbeiten zur Zeit eine neue Idee aus, die wir als Alternative zur Anfangsshow, dieser Sahara-Show, einsetzen werden. An Orten, wo wir noch nicht aufgetreten sind, spielen wir das alte Programm und wo wir schon mal waren, den neuen Anfang."

MUSIKER: "Wieviel Stück habt Ihr von "Rockpommels Land" bisher verkauft?"

LUPO: "Etwa 20.000 Stück in drei Monaten!"

MUSIKER: "Wieviel Gigs muß Grobschnitt ungefähr im Jahr machen, um existieren zu können?"

LUPO: "Wir machen 10 bis 14 im Monat - die Angebote sind da. Als Minimum müßten wir etwa 5 - 6 machen. Wir leben zur Zeit ganz gut von der Musik."

MUSIKER: "Ihr habt eine Platte auf dem Markt, die sich gut verkauft. Ihr seid ziemlich bekannt. Wieviel davon, glaubst Du, hängt von Eurem Stage-Act, der ja ziemlich einzigartig ist und sehr gut ankommt, ab? Wärt Ihr ohne Eure Show so weit, wie Ihr jetzt seid?"

LUPO: "Das ist schwer zu beantworten. Ich würde sagen, die Show hat das Nötige getan. Nichts geht ohne das andere."

MUSIKER: "Eroc hat vorhin auf der Bühne davon gesprochen, daß Ihr hier in der Gegend noch sehr wenig gespielt habt. Habt Ihr, dadurch daß Ihr Euer Management selber macht, Schwierigkeiten, zum Beispiel in dieser Gegend Gigs zu kriegen?"

LUPO: "Nein, überhaupt nicht. Es ist erwiesen, daß im Rhein-Main Gebiet, in diesen Ballungszentren hier, wenig deutsche Gruppen spielen. Wir wollen uns jetzt aber vermehrt um diese Gegend kümmern."

MUSIKER: "Wie ist das weiter im Süden?"

LUPO: "So alles südlich von Stuttgart, da sind wir ein absoluter Top-Act. Da ziehen wir bei jedem Konzert 1.000 Leute und mehr."

MUSIKER: "Abschließend eine Frage zur Arbeitsweise von Grobschnitt. Wie ist Euer Verhältnis zueinander, untereinander?"

LUPO: "Wir leben privat getrennt, kommen in der Regel nur zum Arbeitne zusammen. Natürlich sehen wir uns da fast jeden Tag, beim Üben oder so, zu Hause - aber dann nicht alle zusammen."

MUSIKER: "O. K., das war’s. Vielen Dank."

Hanno Tietgens

Pressetexte-Menue