Artikel aus der Zeitschrift Pop zur Solar Music Tour 1978

 

GROBSCHNITT Deutschlands heimliche Rock-Giganten

"Wenn ihr von Kanonenschlägen geweckt werdet, wenn euer Licht flackert und im Radio merkwürdige Kratzgeräusche die Musik zerfetzen, wenn das Wasser aus eurer Leitung grün fließt und urplötzlich dichte Nebelschwaden die Blumen in eurem Vorgarten zusammensinken lassen, dann ist mit Sicherheit Grobschnitt in eurer Nähe. Es hätte keinen Zweck, die Polizei zu rufen, diese Gruppe widersetzt sich jeglichen Normalvorstellungen. Deswegen laßt es am besten bleiben, es hätte keinen Zweck, wirklich nicht."

Eine Gruppe, die solches von sich gibt, muß über eine gute Portion Selbstbewußtsein verfügen. Darf sie aber auch, denn die Hagener Rockband, mittlerweile über zehn Jahre im Geschäft, ist zu einem der wichtigsten Live-Acts in Deutschlands Konzerthallen geworden. Nur Udo Lindenberg zieht noch mehr Publikum an. Doch Grobschnitts dreistündiges Bühnenprogramm, das eine bisher kaum dagewesene Geschlossenheit perfekter optischer Effekte, ausgereifter Musik und unglaublicher Showeinlagen bietet, hat der gesamten Rockszene völlig neue Akzente verliehen. Man kann diese Band einfach nicht mit Worten allein beschreiben - man muß sie gesehen haben!

Grobschnitt spielt Musik nicht im Sinn von Musik-Machen, sondern mit einer Handlung und einem Aufwand, der jedem Theater Ehre machen würde. Da wandelt einer mit tragbarem Heiligenschein über die Bühne. Ein Schlafmützen-Mann mit dem Namen Elias Grobschnitt fliegt mitsamt seinem Klohäuschen in die Luft, unheimliche Fackelschwenker tasten sich durch Nebelwände, die Bühne gleicht einem Feuermeer. Und dann kommt Ernie, alias Toni Moff Mollo, die Titelfigur der Rockoper "Rockpommels Land".

Der Wirbelwind, bekleidet mit Sepplhose und Pudelmütze, verwandelt mit seinen lustigen und sarkastischen Sprüchen die Konzerthalle in eine Markthalle. "Lachen ist Trumpf!", brüllt Ernie und läßt dabei die Hosen fallen. Dann wieder märchenhaft klingende Musik, eingebettet in virtuos ausgesteuerte Lichteffekte. Sechs LPs hat Grobschnitt bisher veröffentlicht, darunter das soeben erschienene Live-Album "Solar Music". Erst zweimal allerdings war die Band im Fernsehen zu genießen, und zwar im regional ausgestrahlten WDR "Rockpalast" und der ZDF-Kultursendung "Aspekte".

Grobschnitt besteht aus Eroc (bürgerlicher Name: Joachim H. Ehrig) am Schlagzeug, Wildschwein (Stefan Danielak), der Rhythmusgitarre spielt und gleichzeitig Leadsänger ist, Lupo (Gerd O. Kühn), Sologitarrist und Manager der Gruppe, Mist (Volker Kahrs) an den Keyboards, Popo (Wolfgang Jäger) am Baß und Toni Moff Mollo (Rainer Loskand), der für Lightshow und schauspielerische Einlagen sorgt. Und damit sind noch nicht alle Mitwirkenden aufgezählt. Denn anders als bei anderen Gruppen, wo die wackeren Roadies nach Aufbau der Bühnenanlage in den Hintergrund treten, mischen sie bei Grobschnitt kräftig als Schauspieler mit.

Diese Wahnsinnsgruppe, von Kennern mit überschwenglichen Superlativen belegt, erbringt den Beweis, daß der vielgeschmähte (und inzwischen so erfolgreiche) Deutschrock auch Humor und Phantasie besitzt. Bravo Grobschnitt!

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