Interview mit Rolf Möller und Milla Kapolke im WDR 2 (Rockstudio) von 1986

 

Ansage:
... Und, was ich ganz bewundernswert finde, sie stehen auch heute noch zu dem musikalischen Material, was sie vor Jahren geschrieben und gemacht haben. Sie haben sich davon nicht völlig distanziert, sondern sie sehen das wie eine gewachsene Tradition. Grobschnitt ist also jetzt eine Band, die gerade aktiv auch wieder auf Tournee geht. Gerade heute beginnt ihre ausführliche Tournee. Genauere Daten gibt es nachher noch bei den Konzerttipps. Aber, na wenn ich das überschaue, wie sieht das mit dem Publikum aus. Es gibt da eine größere Anzahl, eine gute Hälfte die meinen "Grobschnitt kein Interesse, interessiert mich gar nicht, will mit diesen Krautrocksachen gar nichts zu tun haben und diese theatralischen Sachen gefallen mir nicht". Aber es gibt auf der anderen Seite auch eine Hälfte, die findet Grobschnitt wirklich toll, hält der Band sehr die Treue und ist eigentlich richtig fanatisch, nach wie vor hinter dieser Band her. Für mich immer wieder ganz bemerkenswert. Wolf Reuter gehört zu dieser zweiten Hälfte, er findet Grobschnitt nämlich ganz toll. Er hat sie jetzt gerade auch live gesehen und ließ es sich nicht nehmen, dieses Interview mit ihnen zu machen.

 

Aus dem Hintergrund hört man Rolf Möller während der Proben:
Warte lieber einen Moment bevor ich meine ersten Rimshot mache, das du richtig ..... eins, zwo ...

Reuter:
Eine der dienstältesten deutschen Rockbands bei der Probe. Grobschnitt. Ab heute geht die Truppe auf Tour. Auf dem Plan, Auftritte in über 50 Städten von Bremerhafen bis Nürnberg. Seit 1970 gibt es Grobschnitt. In den vergangenen 15 Jahren produzierte die Band zwölf Langspielplatten, darunter die Alben "Ballermann", "Rockpommel’s Land" oder "Kinder und Narren". Die aus dem Album "Razzia" ausgekoppelte Single "Wir wollen leben" entwickelte sich 1983 zum Publikumsrenner. Trotz erfolgreicher Plattenverkäufe, Grobschnitt ist eine Band, die man gesehen haben muss. Nicht ohne Grund ist sie eine der populärsten deutschen Liveacts. Das Grobschnitt-Konzert dauert ganze 3 ½ Stunden und ist ein echter Sinnenschmaus, ein Bühnenspektakel. Da tanzen im bunten Scheinwerferlicht Phantasiefiguren über die Bühne, es gibt Politsatiren und jede Menge lustige Kostüme. Entworfen hat sie Schlagzeuger Rolf Möller.

Rolf:
Ich hab die alle gemacht, die ganzen Kostüme. Die sind an sich für die einzelnen Showteile in den Stücken gedacht. Fangen wir am besten mal hier bei dem Maraboo an. Der komische Vogel wird bei "Rockpommel’s Land" auftauchen und begleitet den kleinen Ernie auf seiner Reise durchs Wunderland. Dann kommen wir als nächstes zur "Sonnentanz"-LP, da haben wir diese beiden Monster, die dann hinterher einen Schwertkampf vollziehen. Diese, ich würde mal sagen, Mischung aus Medusa und Tintenfisch ist für eine Einspielung bei "Fantasten" gedacht. Und den Kollegen Strauß brauchen wir ja nicht weiter erklären, den kennt ja nun jeder. Dann haben wir im Moment noch so einen Sketch auf die Schwarzwaldklinik. Da machen wir so etwas mit Chirurgen und Operationstischen ...

Milla:
... und das sind unsere OP-Instrumente. Eine Kreissäge, eine große Säge, eine Sichel und so. Hier siehst du schon die große Spritze.

Rolf:
Das ist die Sauerländer Antwort auf die Schwarzwaldklinik, würde ich sagen.

Milla:
Sauerlandklinik, genau.
(Anmerkung: Die Sauerlandklinik gibt es wirklich - in Hachen - !!!!!)

Reuter:
"Hallo Mama, was lern ich da." Wenn man seit 15 Jahren mit der Rockwelle schwimmt, lernt man eine ganze Menge. Und das kommt der Musik zugute. Bassgitarrist Milla Kapolke:

Milla:
Wir machen musikalisch erst mal sehr viele unterschiedliche Sachen. Wir machen auch sehr harte Rockmusik, aber auch sehr weiche Sachen, verträumte Sachen mit akustischen Gitarren. Wir haben da natürlich ein großes Spektrum, mit zwölf LP’s aus der ganzen Zeit, wo wir auch sehr unterschiedliche Sachen machen können. Wir versuchen das Programm halt mit diesen Showeinlagen immer aufzulockern. Das ist natürlich schon ein irre langes Programm. Es ist auch sehr anstrengend.

Ja, man verändert sich natürlich mit der Zeit. Dieses gewisse Verhältnis, was man so als Band hat, wenn nur Jungs zusammen sind, das entsteht ja meist so im Alter von 15 bis 20 Jahren, vielleicht auch schon ein bisschen früher. Wenn diese jungen Cliquen zusammen sind, daraus entstehen meistens Rockbands. Aber ich glaube, dass sich das dann hinterher irgendwie weiterentwickelt. Und die Beziehungen, die die Leute untereinander haben, entwickeln sich auch weiter, es kommt also alles auf eine andere Ebene. Wir sind natürlich inzwischen ....

Rolf im Hintergrund:
Jaa?

Milla:
(lacht) Wir sind natürlich inzwischen alle verheiratet, haben zum Teil auch Kinder. Wir haben also alle Familien. Wir versuchen das natürlich mehr oder weniger gut zusammen zu bringen.

Reuter:
Wenn man so wie ihr in den 70‘er Jahren angefangen hat, da hat man doch vielmehr drauf geachtet, wie man bei den jungen Mädchen auf der Bühne ankommt. Ist das heute auch noch so?

Willi?:
Da achtet man heute sehr drauf, ja sicher.

Rolf:
Wenn ich die meisten so vor Beginn des Gigs sehe, also da guckt doch jeder gerne noch dreimal in den Spiegel, ob auch das Satinhöschen sitzt. Ob auch die Augenbrauen den Aufschlag haben, den sie auch haben sollten.

Milla:
Ich glaub das brauchtest du gar nicht mehr üben.

Rolf:
Ja du, ich spreche doch nicht von mir. Ich versuche das nur mal so in den Rahmen zu fassen.

Milla:
Ich glaub nicht, das wir je überhaupt eine Band gewesen sind, die so dieses Teenie-Image hat, das heißt, das sie darauf aus sind, irgendwie optisch in der Richtung etwas darzustellen. Wir sind auf einer anderen Schiene, wo so etwas gar keine große Rolle spielt.

Reuter:
Herzstück eines jeden Grobschnitt-Liveauftritts, und das seit nunmehr 15 Jahren, ist der Rockzyklus "Solar Music". Unlängst auch als LP unter dem Titel "Sonnentanz" erschienen. Zum Abschluss hieraus eine kleine Kostprobe. Exklusiv für das Rockstudio: Grobschnitt á Capella.

Grobschnitt:
Wobedidada .....

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