Bernd-Michael Land - Einskommafünf
 

Bernd-Michael Land - Einskommafünf
Elektro Kartell (2024)

(14 Stücke, 73:39 Minuten Spielzeit)

Der deutsche Elektronikmusiker Bernd-Michael Land hat sich mal wieder einem ernsten Thema angenommen. Auf „Einskommafünf“, das den Untertitel „Die Endlichkeit des Seins“ trägt und im Juli 2024 erschienen ist, befasst er sich mit den Umweltkatastrophen, die von Menschenhand gemacht sind. Berits vor neun Jahren, im Jahr 2015, haben 195 Staaten auf der 21. UN-Klimakonferenz das „Übereinkommen von Paris“ beschlossen. Sie hatten sich darin geeinigt, den maximalen Anstieg der Temperatur um 1,5 Grad Celsius, gerechnet vom Anbeginn der Industrialisierung im Jahr 1850 bis hin zum Jahr 2100, einzuhalten.

 

 


Da die Menschen bzw. die Regierungen der Staaten unseres Planeten aber nicht an einem Strang ziehen (eine Verhinderung der Menschen gemachten Klimaveränderung ist nur global möglich) sehen wir jetzt schon Folgen wie etwa Hitzedürren, Flächenbrände, Anhäufung von Orkanen, Abschmelzen von Gletschern und den Eisflächen der Pole, starke Regenfälle und Überflutungen, um nur einige zu nennen. Und das Ziel die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen scheint jetzt schon gescheitert.  

„Einskommafünf“ ist ein Konzeptalbum, das auf dem gleichnamigen 33-minütigen audiovisuellen Klangkunstwerk basiert, das im Oktober 2023 auf der Kunstausstellung „Rodgau Art“ im Bürgerhaus in Nieder-Roden seine Premiere fand. Bernd-Michael hat in seinem 28seitigen Booklet zahlreiche Fotos (von ihm selbst und auch per KI erstellt) abgedruckt, die dieses Konzept unterstützen.

Bernd-Michael kombiniert Geräusche die direkt mit den Titeln in Verbindung stehen, wie zum Beispiel knisterndes Feuer oder rauschende Flut, mit sanften Klängen und Harmonien sowie bedrohlichen Sounds. Das macht die Musik zum Einen hörbar, zum Anderen wirken die Geräusche zusammen mit den Titeln eindringlich und lassen Bilder vor dem geistigen Auge entstehen.

Das Album startet mit dem 7:11minütigen „Evolution“. Perlende, helle Klänge sind zunächst zu hören. Dann kommt ein basslastiger, rhythmischer Sound hinzu und Bernd-Michael schiebt einige Harmonien nach, die gut ins Ohr gehen.

Das folgenden „Eisberg A23a Drift“ ist dem Eisberg A-23 A gewidmet. Hier ein Auszug aus Wikipedia: A23a ist mit mehr als 4000 km² der aktuell größte Eisberg der Welt (Stand: Dezember 2023). Seit dem Kalben vom Filchner-Ronne-Schelfeis im Jahr 1986 hatte sich der Eisberg bis 2020 im Weddellmeer kaum bewegt. Seither driftet A23a nordwärts durch das Weddellmeer in Richtung Südatlantik. Innerhalb eines Monats hat er im November 2023 mit seinen der Insel Mallorca entsprechenden Dimensionen Joinville Island an der nordöstlichen Spitze der Antarktischen Halbinsel passiert. Bernd-Michael hat in diesen 5:38minütigen Track dröhnende Dronesounds und Klänge eingebaut, die sich nach brechendem Eis anhören. Das wirkt recht bedrückend und ist klanglich hervorragend umgesetzt. Auch metallische Sounds hat er am Ende eingebunden.

„Die Flut“ kommt in der ersten Minute recht harmonisch und beschaulich rüber. Dann setzen aber plötzlich Sounds ein, die die Bedrohung einer Flut und ihre Folgen gut darstellen. Recht dramatische Klangskulpturen werden da hineingemischt.

Eine Melodielinie eröffnet dann „Verbrannte Erde“ und wechselt dann in einen flirrenden Sound mit metallischen Klängen – wie bei einem überdimensionalen Windspiel -, der die ganze Hitze und Öde verbrannter Landschaften widerspiegelt. Ab der Hälfte des Tracks kommt dann ein Sequenzerrhythmus auf, der sich mit flächigen Sounds verbindet.

In „Lost Places“ verbindet Land dann Harmonien mit mysteriösen Klangskulpturen. Das passt gut zu verlassenen Gebäuden. „Garde Sugdub“ zeigt sich dann als perkussives Stück, dessen Hauptteil aus rhythmischen Elementen besteht, die afrikanisch klingen. „Gletscherfels“ wirkt dagegen recht atmosphärisch, mysteriös und bedrohlich. „Feuerwalze“ startet mit außergewöhnlichen und experimentellen Klängen, die sich in eine Art tonalen Feuersturm transformieren und sich aber nach zwei Minuten wiederum in einen harmonischen und melodiösen Track verwandeln.

Recht fröhlich und beschwingt klingt „Hüpfender Polarbär“, bei dem der Sequenzer stur einen Rhythmus vorgibt. Das sind einige Beispiele für das neue Werk des Elektronikmusikers und Sounddesigners Bernd-Michael Land.

Bernd-Michael Land präsentiert auf seinem Album „Einskommafünf“ sowohl sehr harmonische Stück, wie auch tonale Stimmungsbilder, die das Thema der Erderwärmung und ihre Folgen sehr gut musikalisch darstellen. Ein außergewöhnliches Werk, das nachdenklich macht.

Stephan Schelle, Juli 2024

 
   

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