Naviára - Earth
 

Naviára - Earth
Eigenvertrieb / Bandcamp (2024)

(20 Stücke, 74:37 Minuten Spielzeit)

Anthony Walters und Vera M. van Bergh, ein kreatives Duo aus dem Sauerland, betreiben seit 2002 ihr gemeinsames Projekt Naviára. Unter ihren Pseudonymen haben die Beiden damit ein Musikprojekt ins Leben gerufen. Beide haben gemeinsame Alben veröffentlicht und treten seit vielen Jahren auch live gemeinsam auf.

 

 


Am 21.06.2024 hat sich Anthony Walters unter dem Namen Naviára einen lang gehegten Traum erfüllt und mit „Earth“ ein monumentales, orchestrales Konzeptalbum geschaffen, das er komplett in Eigenregie produziert hat. Dabei kamen neben digitalen Synthesizern auch Sample-Bibliotheken zur Anwendung, die aufgrund ihrer außergewöhnlichen Qualität einen grandiosen Klang besitzen. Es wirkt alles sehr organisch und auch der Gesang, der durch den Einsatz unterschiedlicher moderner Techniken am Computer erzeugt wurde, wirkt absolut authentisch.

Die Produktion nahm sieben Jahre in Anspruch, was man der Qualität des Endproduktes auch anhören kann. Das Album umfasst 20 Stücke, die ineinander übergehen und so ein kompaktes Werk darstellen. Der Pressetext verspricht: „Earth“ ist eine klangliche Expedition durch die Geschichte unseres Planeten und verspricht ein unvergessliches Hörerlebnis. Und damit wird keinesfalls zu viel versprochen.

Thematisch geht es um unseren Heimatplaneten, von der Entstehung der Erde, über die ersten einzelligen Lebewesen, die Dinosaurier und schließlich das Aufkommen der Menschheit mit all ihren Stärken (Entwicklung von der Entdeckung des Feuers und der Werkzeuge) und Fehlern (Kriegen und Zerstörung der Umwelt). Erst als die Menschen sich einen anderen Planeten suchen und die Erde verlassen, holt sich die Natur ihr Territorium zurück und die Erde lebt wieder auf (die Luft ist wieder rein, die Gewässer wieder sauber und die Flora und Fauna gedeiht wieder).

Unterteilt ist das Konzept in neun Kapitel, die jeweils von gesprochenem Text bestimmt werden. Die ersten, bevor der Mensch in den Vordergrund tritt, werden aus der Außenposition von Erzähler und Sänger/in beschrieben. Mit aufkommen der Menschheit wechselt die Perspektive und Erzähler und Sänger/in erzählen aus der Sicht der Menschheit. Eine sehr gelungene Variation. Die Texte werden dabei auf Englisch gesprochen/gesungen.

Musikalisch wird darüber hinaus eine Menge geboten. Zunächst beginnt das Album sehr orchestral und symphonisch wie ein monumentaler Soundtrack. Walters Liebe zu Filmkomponisten wie Hans Zimmer kann man hier deutlich heraushören.

Das Album entfaltet seine ganze Strahlkraft, wenn man es in einem durchhört. Es beginnt mit dem 9:19minütigen „Existence”. Das startet mit leicht mystisch/spacigen Klängen langsam aus dem Off und schiebt sich langsam in den Vordergrund. Dann kommt eine weibliche Stimme, auf die lautmalerisch eine Melodielinie darbietet. Das hat jetzt was von einem monumentalen Soundtrack, der auch gut zu Monumentalfilmen wie „Gladiator“ & Co. passen würde. Ein stimmungsvolles Intro, das sehr gut auf das Kommende vorbereitet. Daran schließt sich dann die 4:16minütige „Earth Overture” an, die ebenfalls sehr monumental aus den Boxen schallt. Vor allem die Streicher- und Bläsersounds, die von Paukenartigen Klängen unterfüttert und dann im Verlauf noch durch mehrstimmigen Chorgesang ergänzt werden, sorgen hier für eine gewisse Dramaturgie. Das ist grandios gemacht.

Dann folgt mit dem 1:45minütigen „Chapter 1 - The Creation Of Earth“ das erste Kapitel, bei dem die Geschichte nun von einer männlichen Stimme eingeläutet und die Entstehung der Erde erklärt wird. Darauf folgt mit „Gaia’s Grace” der erste, 2:48minütige Song. Hier hat Walters einen Sound und eine Melodie gewählt, die einen leicht irischen Folktouch besitzt. Ein sehr schöner sanfter Song.

In „Aminosaur“, das den Beginn von Leben erzählt, das sich aus den Meeren gebildet hat, hört man dann auch passend dazu Wasserrauschen und blubbernde Geräusche. Dieser Track ist im Gegensatz zu den meisten Stücken des Albums recht elektronisch und macht eine Pause vom bombastisch/symphonischen Sound.

In „Chapter 3 - The Era Of Dinosaurs” baute Walters dann auch Sounds ein, die an die Urzeitwesen erinnern. Das 6:53minütige „Chapter 4 - Dawn Of Humanity” startet dann die Ära der Menschheit. Dieser Aufbruch der Menschheit zeichnet sich noch durch eine liebliche Melodie mit Folkanstrich aus, wird sich aber in der weiteren Entwicklung der Menschheitsgeschichte in „Chapter 5 – Rise Of Humanity“ noch drastisch im Sound ändern.

Im 3:17minütigen „Chapter 6 - Shadows Of Humanity” treten dann die schlechten Eigenschaften der Menschheit zu Tage, die unter anderem von Kriegen gezeichnet sind. Dementsprechend wirkt die Musik, die nach dem gesprochenen Text einsetzt, auch melancholisch und etwas traurig. Das 2:54minütige „Battlefield Memories” bietet dann zwar einen druckvollen Sound, wobei Melodie und einige Klänge auch an Produktionen von Enigma & Co erinnern. Ein leichtes Popappeal mit melancholischem Unterton kommt dann im 4:56minütigen „Echoes Of The Fallen“ auf, das von einer weiblichen Stimme gesungen wird und monumental endet.

Dramatisch kündigt sich dann in „Chapter 7“ das digitale Zeitalter an, dem dann der eingängige, 4:48minütige Song „Silent Awakening“ folgt. In „Chapter 8 – Unity” findet die Menschheit dann wieder zusammen um neue Welten zu erforschen, nicht zu erobern. In „Humanity - To The Stars”, das den Aufbruch ins All beschreibt, kommt dann gar eine Spur symphonischer Rock auf.

„Chapter 9 – Sanctuary“ und „Earth Reclaim“ beschließen dann das wunderbare Album mit sanften, wieder von Folk durchtränkten Klängen.

Erhältlich ist das Album über die obige Bandcampseite als Download. Es gibt für Sammler auch noch sehr streng limitierte Fassungen als CD-Versionen (14cm Hardcoverbook limitiert auf 5 Exemplare und 30cm Hardcoverbook limitiert auf 2 Exemplare), die mit wunderschönen Grafiken und Texten versehen sind. Als Besonderheit liegt dem 30cm Hardcoverbook auch eine Bonus CD im MP3 Format bei, mit einer Fassung des Albums ohne Erzähler und weiterem nicht verwendetem Material. Hier kann ich nur empfehlen schnell zuzugreifen, denn neben der grandiosen Musik ist auch das Artwork sehr gut gelungen.

Stephan Schelle, August 2024

 
   

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