Otarion – Time Of Nations
 

Otarion – Time Of Nations
Groove Unlimited (2025)

(10 Stücke, 76:20 Minuten Spielzeit)

Nach dem 2023’er Album „Logos“ erschien im Mai 2025 das neue Album von Rainer Klein aka Otarion unter dem Titel „Time Of Nations“. Seit vielen Jahren ist Rainer im Bereich der elektronischen Musik unterwegs und hat sich im Laufe der Zeit immer weiterentwickelt. So haben schon vor längerer Zeit rockigere Klänge, die in Richtung Progressive- und Postrock gehen, Einzug in seine Musik gehalten. Dieser Trend setzt sich auch auf dem neuen Album fort.

 

 


Bisher waren seine Alben beim MellowJet Records Label erschienen. Mit dem neuen Album wechselte Rainer nun zum niederländischen Elektroniklabel Groove Unlimited, ebenfalls eine erste Adresse für derartige Musik.

„Time Of Nations“ beschreibt einen Mann, der in jungen Jahren zusammen mit seinen drei Freunden durch den Babylonischen König Nebukadnezzar (Er war der berühmte zweite König des Neo-Babylonischen Reiches und ist eine historische Figur, die von 605 - 562 vor Christus regierte.) nach Babylon gebracht wurde, um ihm zu dienen. Diese Zeit wird auch Beginn der Zeit der Nationen genannt. Auf der Bookletrückseite ist zu lesen, dass das Album thematisch den Beginn der vier großen Weltimperien beschreibt. Es ist Babylon. Und sein erster großer Herrscher ist Nebukadnezzar. Die zehn Tracks auf seinem neuen Album beschreiben mehrere Ereignisse in der Zeit, bis das Volk von Juda aus dem Exil nach Jerusalem zurückkehren durfte. Dies stammt aus dem Buch Daniel der Bibel. Wie in vielen seiner Alben greift Rainer Klein auch bei „Time Of Nations“ erneut ein biblisches Thema auf.

Das Album startet mit dem Stück „Jeremiah’s Warning“. Sanfte Pianoartige Klänge eröffnen das Stück, die sich schnell in einen monumentalen Sound entwickeln. Nach etwas mehr als einer Minute weitet Otarion dann den Klang weiter aus und versetzt ihn mit Schlagzeugrhythmen. Auch werden neben den Keyboardsounds Gitarrenklänge mit eingewoben. Das besitzt Volumen und zeigt schon die Mischung aus Elektronik, Prog- und Postrock. Otarion geht dabei aber immer sehr harmonisch und melodisch vor.

Weiter geht es dann mit „Daniel’s Gift“, das atmosphärisch mit Synthesizerklängen beginnt und dann nach weinigen Momenten mit Gitarren und Schlagwerk einen rockigen Touch bekommt. Rainer setzt hier einen markanten Bass ein und die Gitarre sowie das Schlagzeug wirken sehr organisch. Die Melodielinie ist einfach traumhaft und erweckt Sehnsüchte.

„Nabuchadnezzar’s Dream“ wirkt durch seine Pianomelodie zunächst erhaben. Sobald dann aber ein rhythmischer Basssound und das Schlagzeug einsetzen wird es rockig. Und nach wenigen Momenten setzt Rainer dann durch flirrende Gitarrensounds die Postrock-Maschinerie in Gang. Ein klasse Mix aus den verschiedenen musikalischen Welten.

Etwas flotter mit flirrenden Synthies und fetten synthetischen Bassklängen startet er dann in das Stück „The Statue“. Das Stück wird von einem herrlichen Groove vorangetrieben, auf den sich dann eine Keyboardmelodie setzt. Diese geht schnell ins Ohr und wechselt sich mit atmosphärischen Gitarrenklängen ab. Zwischendurch hat Rainer dann auch noch leicht Houseartige Klänge untergemischt. Ein hypnotischer Track.

Rockig mit treibendem Rhythmus zeigt sich dann „The Hand On The Wall“, das dann in einen Postrockpart ausufert. Mit mehr als zehn Minuten Spielzeit ist „Visions Of Daniel“ der längste Track des Albums. Er wirkt leicht sakral und erhaben. Das liegt vor allem auch an den Orgelklängen, die Rainer hier nutzt. Im weiteren Verlauf kommt dann aber eine sehr schöne Melodielinie auf, die den Track dann wieder in eine rockige und rhythmischere Richtung schiebt. Nach mehr als drei Minuten kommt dann ein raues Rockflair zum Tragen, das sich mit atmosphärischen Klängen abwechselt. Durch Struktur-, Rhythmus- und Melodiewechsel entwickelt sich ein hoher Spannungsbogen. Eines der Highlights des Albums.

„Cyrus Calls“ erinnert in einigen Passagen vom Rhythmus her an Ron Boots „Rivers“, setzt dem aber Gitarren und weitere Sounds entgegen, wodurch das Stück einen ganz eigenen Charakter bekommt. „Time Of Silence“ zeigt sich dann - dem Titel entsprechend - von einer eher ruhigen und elektronischen Seite. Erst zum Ende hin wird der Track dynamischer. Den Abschluss stellt dann das sakral wirkende Stück „The Savior Is Here“ dar. Fette Orgelklänge - wie in einer Kirche aufgenommen - sind hier in den ersten zwei Minuten zu hören. Dann setzen ein Rhythmus und elektronische Sounds ein, die mich an Grobschnitts „Solar Music“ erinnern, sobald die Protagonisten mit den Schleifgeräten auf die Bühne kommen. Das dauert aber nur einen kurzen Moment, denn Rainer vollzieht nun einen Wechsel in einen rockigen Part, bei dem Keyboards, Bass und Schlagzeug das Ende rhythmisch/melodisch einleiten.

Rainer Klein aka Otarion versteht es wie kein Zweiter traditionelle Elektronik mit Progressive- und Postrock zu verbinden. Dabei legt er immer Wert auf Harmonien und Melodien und spielt mit sanften und druckvollen Passagen. „Time Of Nations“ ist dafür der beste Beweis. Ein Album voller herrlicher Harmonien und Melodielinien, die teils von flirrenden Gitarren und treibendem Schlagwerk in Postrockatmosphären gehoben werden.

Stephan Schelle, Juni 2025

 
   

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