Alex
Henry Foster – A Measure Of Shape And Sounds Der Kandier Alex Henry Foster hat am 19.07.2024 ein grandioses Konzert beim finalen Night Of The Prog gegeben. Am 20.09.2024 erscheint nun sein neuestes Album unter dem Titel „A Measure Of Shape And Sounds“, das er ohne seine Band eingespielt hat. Es ist sowohl digital, wie auch als LP und CD erhältlich. Mir lag zur Besprechung die CD-Version vor, die in einem vierseitigen Papersleeve erscheint, das darüber hinaus auch einen Downloadcode enthält. Das Album ist das zweite (nach „Kimiyo“), das in 2024 erschienen ist. |
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Nach
einer ausgedehnten Europatournee im Jahr 2022 musste sich Foster 2023
einer doppelten Herztransplantation unterziehen, einem Eingriff, der ursprünglich
als vierstündiger Eingriff geplant war, sich aber zu einer zehnstündigen,
lebensbedrohlichen Tour de Force entwickelte. Obwohl der Eingriff
erfolgreich verlief, hatte die lange Intubationszeit nach der Operation
zusammen mit den erforderlichen Bluttransfusionen verheerende Auswirkungen
auf Foster, denn zusätzlich zu seinem fragilen körperlichen Zustand
konnte er monatelang nicht sprechen und wusste nicht, ob er in Zukunft
noch singen konnte, und der erhebliche Blutverlust führte zu schweren Gedächtnisstörungen,
Koordinationsschwäche, Schwindel und starken Kopfschmerzen, so dass es
ihm unmöglich war, zu lesen, zu schreiben, Gitarre zu spielen oder auf
einen Bildschirm zu schauen. Für einen Menschen, der normalerweise immer
gut drauf ist, war er jetzt machtlos. Als
er langsam wieder zu Kräften kam, zumindest gerade so viel, dass er sich
vorstellen konnte, die wenigen funktionierenden Stunden seiner Tage zu
nutzen, kontaktierte Foster seinen Freund und langjährigen kreativen
Komplizen Ben Lemelin (Co-Autor und Multi-Instrumentalist seiner Live-Band
The Long Shadows), um ihm bei dem zu helfen, was zunächst als eine Art
positives Erholungsprojekt erschien, bevor er das ehrgeizige Ausmaß
dessen erkannte, was Foster in Anbetracht seines zerbrechlichen physischen
und kognitiven Zustands in Angriff nehmen und vollenden wollte. „A
Measure of Shape and Sounds“, das auf „Kimiyo“ folgt, ist eine ganz
eigene, intime Reise, ein tiefes persönliches Durchatmen, das aus
mehreren Schichten von Gitarrenschleifen, Nachhall, Resonanzen und
Oszillationen besteht, die zu einem multidirektionalen, kontemplativen
Klangstrudel zusammengefügt werden. Absichtlich live aufgenommen, um den
Fluss so direkt wie möglich einzufangen, verkörperten die Songs genau in
diesem Moment ihre menschliche Veranlagung, sich der Bewegung nicht nur
hinzugeben, sondern mit ihr eins zu werden. Foster erwähnt: „Es fühlte
sich an wie die Darstellung einer organischen Bewegung, die uns
letztendlich aus der Echokammer befreien könnte, in der wir gefangen
waren, und somit den emotionalen Wirbel und den affektiven Kreislauf der
Redundanz beenden könnte, der allzu oft mit unserer Leere und
Verzweiflung einhergeht.“ Die zehn Stücke, die
auf dem Album enthalten sind, haben Laufzeiten von 2:31 bis 7:51 Minuten
Spielzeit. Es beginnt mit dem 2:47minütigen „Thoughtful Descent“.
Sanfte Harmonien starten in diesen Track, der wie ein Soundschleier durch
den Raum weht. Das ist intim und strahlt eine ungeheure Ruhe aus. Die
Gitarre zaubert dabei flächige Schichten, bringt eine Melodielinie ein
und setzt darüber hinaus akzentuierte Klangpunkte. Das 3:43minütige
„Mechanical Revision“ setzt diese sanfte Stimmung fort. Die Klänge
perlen dahin und lösen eine wohlige, melancholische Stimmung aus. Und
auch die weiteren zwei Stücke sind in gleicher Art aufgebaut. Das 2:31minütige
„Self-Portrait“ perlt ebenfalls, hat aber zu Beginn auch einige düstere
Klänge (sie kommen im Verlauf noch mal auf), womit sich dieser Track von
den vorangegangenen unterscheidet. Das ist spannend gemacht. „Sorrowful Bouquet“
(6:42 Minuten) beginnt recht sanft, steigert sich aber im Verlauf, in dem
Alex Henry Foster dröhnende Klänge aufkommen lässt, die recht
bedrohlich und surreal wirken. Dem folgt dann das ruhigere, 2:35minütige
„Manic View“, das einen wieder etwas runterholt. Es folgen noch drei
weitere Stücke, die sich im gleichen Umfeld bewegen. Ich muss gestehen, dass
ich nach dem Konzert auf der Loreley eine andere Musik von Alex Henry
Foster erwartet habe. Was er da aber für ambiente Stimmungen zaubert, die
zwar oft ähnlich klingen, ist erstaunlich. Man kann die Zeit nach seiner
schweren Operation gut nachvollziehen und sich in diesen Klangwelten
verlieren. Das Album ist auch allen Elektronikfreunden, die sich für
Ambient begeistern, sehr zu empfehlen. Stephan Schelle, September 2024 |
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