Blind Ego – The Hunting Party
Gentle Art Of Music / Soufood (2024)

(7 Stücke, 43:01 Minuten Spielzeit)

Blind Ego begann als Seitenprojekt des RPWL-Gitarristen Kalle Wallner. Mittlerweile hat sich Blind Ego aber zu einem eigenständigen und anerkannten Projekt entwickelt. Nicht umsonst erscheint am 18.10.2024 das mittlerweile fünfte Studioalbum, das den Titel „The Hunting Party“ trägt.


Zum letzten Studioalbum „Preaching To The Choir“ hat es aber Besetzungswechsel gegeben. Sänger Scott Balaban, Sylvan-Basser Sebastian Harnack und Gitarrist Julian Kellner waren nicht mehr beteiligt. Kalle hat Gitarren, Bass und Keyboards selbst eingespielt, der neue Mann am Mikro ist Kevin Kearns (er schlägt bei seiner Metalcore-Band Cyant normalerweise ganz andere Töne an) und Michael Christoph sitzt wieder hinter dem Schlagzeug. Darüber hinaus gehört auch Kalles langjähriger Weggefährte und Freund Keyboarder Yogi Lang (RPWL) zum LineUp.

Kalle hat wieder mit dem Autor Dominik Feiner zusammengearbeitet, der für die Texte verantwortlich zeichnet. Anders als sonst ist die Musik aber erst zu den Texten (und nicht anders herum) entstanden. Kalle dazu: „Ich suche immer nach neuen Herausforderungen, wie zum Beispiel bei RPWL im Team zu einem bestimmten Thema zu schreiben. „Voices“ (Anmerkung: sein Soloalbum unter eigenem Namen) war quasi ein Instrumental-Album und nun habe ich zum ersten Mal zu fertigen Texten komponiert, anstatt die Lyrics zur Musik zu finden.“

Die Lyrics der sieben Songs können dabei sehr unterschiedlich interpretiert werden: auf eine sehr persönliche, jedoch auch auf eine nach außen gerichtete, gesellschaftliche Weise. Man kann dabei jederzeit „Jäger“ aber auch „Gejagter“ sein. Wallner sagt dazu: „Ich mag Lyrics, in die man sich hineindenken kann und die genug Platz für eigene Gedanken und Spekulationen lassen.“

Gleich mit dem 5:49minütigen Titelstück startet das neue Album von Blind Ego. Elektronische Sounds und ein herrliches, von Kalle gespieltes Gitarrenmotiv sorgen gleich für Gänsehaut. Das ist ein Sound, den in Deutschland nur er hinbekommt. Nach nicht ganz einer Minute setzt dann das Schlagzeug ein und die Instrumente gehen eine perfekte Symbiose ein. Nach gut 1:45 Minuten wandelt sich mit dem Einsatz des Gesangs das Stück in einen treibenden Rocksong. Hier wird schon deutlich, dass Kevin Kearns ein Rocksänger ist. Das ist ein sehr melodischer und teils komplexer Opener, der perfekt ins Album einleitet.

Dem schließt sich dann das 4:53minütige „The Stranger“ an. Fette Gitarren und druckvolles Schlagwerk starten diesen Song im klassischen Hardrockstil. Da zeigt sich eine weitere Spielwiese von Kalle Wallner. Druckvoll und rhythmisch setzt Kalle hier eine Akustikgitarre ein, während im Refrain dann die E-Gitarre für Volumen sorgt. Der Song besitzt darüber hinaus einen eingängigen Refrain und auch bluesige Gitarrenriffs.

Nach einem elektronischen Intro setzt Kalle wieder so einen atmosphärische Gitarrenpassage an den Anfang des 5:51minütigen „Spiders“ und transformiert das Ganze dann in einen Up-Tempo-Rocksong, der richtig nach vorne geht. Da kann er sich an den Saiten seiner Instrumente so richtig austoben. Einen leichten Alternative-Einschlag besitzt dann das 5:44minütige „Boiling Point“.

Fast schon zerbrechlich und nachdenklich wirkt der Beginn des 7:15minütigen Songs „In A Blink Of An Eye“. Nach gut 2:24 Minuten steigert sich der Song aber in einen kraftvollen Part um nach anderthalb Minuten dann in einem atmosphärischen Part auszulaufen. Dahinein setzt Kalle dann noch ein sehr atmosphärisches Gitarrensolo, das in Richtung David Gilmour geht.

„Breathless“ ist mit seinen 7:37 Minuten Spielzeit der längste Track des Albums. Hier zaubert Kalle einen Song, der in die Nähe des Progressive-Metal verortet werden kann. Ans Ende hat er dann die sehr schöne, melancholisch/verträumte Ballade „When The Party’s Over“ gestellt, die noch einmal mit 5:51 Minuten zu Buche schlägt.

Auch das fünfte Studioalbum von Blind Ego, das mit neuem Sänger aufwartet, ist qualitativ wieder hochwertig ausgefallen. Hier zeigt sich, dass Blind Ego kein Nebenprojekt sondern ein großartiges, weiteres Projekt von Kalle Wallner ist, das seinen Platz in der Hardrock-Szene gefunden hat. Ein klasse Werk, das Appetit auf die kommenden Liveauftritte macht.

Stephan Schelle, Oktober 2024

   

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