Sylvan
– Back To Live Die deutsche Artrockband Sylvan veröffentlicht - rechtzeitig zu ihrem Auftritt beim finalen Night Of The Prog-Festival - am 12.07.2024 ihr zweites Livealbum (wenn man die DVD „Posthumous Silence - The Show“ nicht mitzählt) unter dem Titel „Back To Live“. Sechs Jahre nach ihrem Album „Home“ hatte sie mitten in der Corona-Epidemie ihr zehntes Studioalbum „One To Zero“ veröffentlicht. Doch die harten Bestimmungen hinderten sie ihr Werk live zu präsentieren. Jetzt sind sie endlich wieder zurück und das mit einem beeindruckenden Livemitschnitt. |
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Auf dem Programm standen
neben vier Stücken ihres aktuellen Studioalbums „One To Zero“ vier Stücke
ihres grandiosen Konzeptalbums „Posthumous Silence“, sowie jeweils ein
Track von den Alben „Home“, „X-Rayed“, „Force Of Gravity“ und
„Presets“. Sylvan besitzen die
Eigenschaft ihr Publikum auf eine emotionale Reise mitzunehmen, indem sie
sowohl, leise, ruhige, melancholische wie auch vor Energie strotzende,
druckvolle und manchmal auch komplexe Parts miteinander verbinden. Der
Fokus liegt dabei aber immer auf der Melodie. Erstes Erkennungsmerkmal ist
natürlich die Stimme von Sänger Marco Glühmann, die zwischen
kraftvollen bis zu zerbrechlich wirkenden Stimmungslagen alles bietet.
Aber auch die Instrumentalisten sorgen immer für einen ausgewogenen
Klang, der mit komplexen Teilen gewürzt wird. Matthias Harder treibt
zusammen mit Sebastian Harnack die Stücke voran und die Beiden bauen
dabei auch manch krumme Taktrate ein, die die Songs so besonders machen.
Und Volker und Johnny verzaubern immer wieder mit herrlichen Soli. Das
zeigt sich besonders in den Liveperformances, wovon man sich auf „Back
To Live“ überzeugen kann. Schon der Opener „In
Between“, den sie auf 11:32 Minuten Spielzeit ausgeweitet haben und der
mit einem flächigen Keyboardintro beginnt, zeigt die ganze Klasse der
Band. Der Song startet zunächst noch recht ruhig und explodiert dann förmlich
im Refrain. Dazwischen bauen sie herrliche Soli ein. Ein sehr guter
Opener, der sofort die Stimmung im Saal steigen ließ. Zart, zerbrechlich und
hoch melodisch geht es dann im ersten Song vom „One To Zero“-Album,
dem 6:54minütigen „Encoded At Heart“ weiter. Der Song steigert sich
dann zu einem hymnisch/voluminösen Ende. Danach präsentieren sie mit
„Trust In Yourself“ einen weiteren Song vom „One To Zero“-Album,
der zwischen sehr melodischen, druckvollen und symphonischen Momenten
wandelt. Sehr schön ist auch das Gitarrensolo von Johnny Beck, das
streckenweise mit tollen Bassmotiven unterlegt ist. Der Longtrack „Given,
Used, Forgotten“ ist ein Liveklassiker der Band, der die ganze
Bandbreite von Sylvan zeigt. Er wird hier in einer 13minütigen Version
geboten. Den Abschluss der ersten CD bildet dann das druckvolle „King
Porn“. Das ist teilweise ein fettes Brett, denn hier haut das Hamburger
Quintett neben filigranen Passagen und sogar leicht bluesigen Elementen
Metalriffs und -rhythmen raus. Der zweite Silberling
startet mit „Part Of Me“ vom aktuellen Album. Das Stück zeigt
ebenfalls die ganze emotionale Kraft, die vor allem durch Volkers
Keyboardmelodie und Marcos sanftem Gesang unter die Haut geht. In der
Studiofassung hat Katja Flintsch Violine beigesteuert, die scheint hier
vom Band zu kommen, was die Livequalität aber nicht beeinträchtigt. Ein
klasse Song, der live wuchtig und voluminös klingt. Weiter geht es dann mit
dem wunderbaren „In Chains“, das nun die „Posthumous
Silence“-Phase einläutet. „The Colors Changed“ ist ein Fanfavorit,
der seit vielen Jahren nicht fehlen darf und bei dem die Besucher immer
wieder Leuchtstifte schwenken. Der filigrane Song geht immer - so auch
hier - direkt unter die Haut. Mit „Heal“, das auch
einige stilistische Merkmale von Bands wie Marillion aufweist (herrliches
Gitarrensolo von Johnny) und „Go Viral“ (mit seiner Mixtur aus
elektronischen Sounds und kraftvollen Rhythmen) vom aktuellen Album wird
die „Posthumous Silence“-Strecke unterbrochen um dann mit „A Kind Of
Eden“ von Posthumous Silence und dessen Titelstück in den Endspurt zu
starten. „A Kind Of Eden“ ist
ein wunderbarer Song, der durch seine Gänsehaut treibende Melodie immer
wieder überzeugt. Und zum Song „Posthumous Silence“ muss wann
wirklich kaum noch Worte verlieren, ist er doch durch seine intime
Stimmung nicht zu überbieten. Und das Gitarrensolo ist einfach nicht von
dieser Welt. Auch wenn Volker Söhl
und Johnny Beck mit Violent Jasper und Marco Glühmann mit „A Fragile
Present“ äußerst gelungene Solowerke veröffentlicht haben, so ist es
doch eine Freude endlich wieder ein Album von Sylvan in den Händen zu
halten. Vor allem wenn die Band dann auch noch so vor Spielfreude und
Energie strotzt. Man merkt den fünf Protagonisten förmlich an, dass sie
endlich wieder „Back To Live“ sind. Das verspricht ein grandioses
Konzert beim finalen Night Of The Prog-Festival, dass sich keiner entgehen
lassen sollte. Auch die klangliche Umsetzung, bei der Yogi Lang mit dem
Mixing und Mastering wieder ganze Arbeit geleistet hat, lässt keine Wünsche
offen. Stephan Schelle, Juli 2024 |
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