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TFNRSH
– Book Of Circles Das Tübinger Instrumentaltrio TFNRSH (Tiefenrausch), aktuell bestehend aus Sasan Bahreini (Gitarre & Synthesizer), Stefan Wettengl (Bass & Synthesizer) und Julius Watzl (Schlagzeug) veröffentlichte am 17.01.2025 ihr zweites Album mit dem Titel „Book Of Circles“ in Eigenregie. Die Jungs haben auf eigene Kosten produziert und bieten es auf 180gr. Colored Vinyl, CD und digital auf allen gängigen Plattformen an. Mir lag zur Besprechung die CD-Version vor, die in einem einfachen Papersleeve erscheint. |
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„Book
of Circles“ ist eine Erkundung innerer Unruhe und dunkler Emotionen: als
kraftvoller Kontrast zum melancholischen und hoffnungsvollen Vorgänger,
der von sanften, harmonischen Klängen geprägt war, stellt dieses Werk
rohere Gefühle in den Vordergrund. Es reflektiert sowohl den Kampf mit
inneren Konflikten als auch den Druck der äußeren Welt, der Einfluss auf
diese ständige Auseinandersetzung nimmt, und regt den Hörer dazu an,
seine eigenen Gefühle zu reflektieren. Der
Opener „Zemestån“ („Winter“ in Farsi) knüpft thematisch an
„Death Or Freedom (Ya Marg Ya Azadi)” des Debütalbums
„TIEFENRAUSCH“ an und setzt sich mit den Ausschreitungen im Iran nach
dem Tod Mahsa Aminis im September 2022 auseinander. Nachdem die Proteste
der iranischen Bevölkerung gewaltsam niedergeschlagen wurden, setzt sich
die Unterdrückung der Menschen nahtlos fort, weswegen in dieser Hinsicht
immer noch ein gefühlt ewiger „Winter” überstanden werden muss. Das elfminütige
„Zemestån“ ist an den Anfang des Albums gesetzt worden. Atmosphärische
Sounds von Synthie und Gitarre, die noch einen Postrock-Stil besitzen,
sind zunächst zu hören. Bass und Schlagwerk kommen langsam hinzu und es
entwickelt sich langsam ein treibender Sound, der nach zwei Minuten in
einen druckvollen Metalartigen Part mündet. Da treffen dann knackige
Grooves auf fette Riffs. Diese beiden Stile (Metal und Postrock) werden
von TFNRSH perfekt miteinander verbunden, so dass man als Hörer in einen
hypnotischen Mahlstrom gezogen wird. Das Trio wechselt aber auch im
Verlauf Struktur, Rhythmus und Melodieführung, was den Spannungsbogen
dieses Longtracks oben hält. Die Band beschreibt die
weiteren Titel wie folgt: Das Album
fordert den Zuhörer auf, sich mit dem eigenen Zorn auseinanderzusetzen,
und ermutigt, Wut als Antrieb zu nutzen, um Veränderungen herbeizuführen,
anstatt in Passivität zu verfallen. Trotz der vorherrschenden rohen Art,
die Wut und Zorn widerspiegeln, schimmern immer wieder kleinere
harmonische Passagen durch und verleihen der Verwurzelung der Gefühle
Ausdruck („WRZL”). Durch die Personifizierung des „Zorn(s)“,
erstmals von gesprochenen Vocals untermalt, erreichen die beklemmenden
Empfindungen ihren Höhepunkt und münden in der Erkenntnis, dass diese
Emotionen sowohl herausfordernd als auch befreiend sein können. Sie
lassen sich durch Reflexion, Ausleben und Verarbeiten kanalisieren und
sorgen schlussendlich für ein kleines Fünkchen Hoffnung („Ammoglÿd“). Mit dem gut zehnminütigen
„WRZL“ (Verwurzlung) geht es dann weiter. Das Stück wartet zunächst
mit fetten und dröhnenden Riffs auf. Aber auch in diesem recht heftigen
Track bauen TFNRSH immer wieder herrlich atmosphärische und melodische
Passagen ein, was den Reiz dieser Musik ausmacht. Immer wenn es atmosphärisch/melodisch
wird, dann tritt der Postrock in den Vordergrund. „Zorn“ nennt sich
der dritte, fast zwölfminütige Track. Das beginnt zunächst mit weiten,
langgezogenen Sounds, in die dann ein deutscher Text gesprochen wird.
Psychedelische Rhythmen und Gitarrenklänge kommen nach einigen Momenten
auf, die dann nach mehr als vier Minuten in einem eruptiven Part mit
druckvollem Schlagwerk und Riffing münden. Den Abschluss des Albums
bildet dann das siebeneinhalb minütige „Ammoglÿd“. Dieser Track ist
der harmonischste und atmosphärischste des Albums. Es beginnt mit
Windrauschen und leichtem Donnergrollen, in das sich dann eine sanfte
Gitarrenmelodie einfügt. Ein wunderbares Stück, das einem aus dem Hier
und Jetzt transportiert. Die deutsche Band TFNRSH
bestätigt auf ihrem Zweitwerk „Book Of Circles“ die Qualität, die
sie auf ihrem Debüt vorgelegt haben und erweitert ihren Sound um leicht
druckvollere Passagen, die teils eruptiv ausbrechen. Sie verstehen es
dabei gefühlvolle Momente mit brachialen Passagen und herrlich atmosphärischen
Melodiebögen zu verbinden. Stephan Schelle, Februar 2025 |
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