TFNRSH – Book Of Circles
Eigenvertrieb (2025)

(4 Stücke, 40:25 Minuten Spielzeit)

Das Tübinger Instrumentaltrio TFNRSH (Tiefenrausch), aktuell bestehend aus Sasan Bahreini (Gitarre & Synthesizer), Stefan Wettengl (Bass & Synthesizer) und Julius Watzl (Schlagzeug) veröffentlichte am 17.01.2025 ihr zweites Album mit dem Titel „Book Of Circles“ in Eigenregie. Die Jungs haben auf eigene Kosten produziert und bieten es auf 180gr. Colored Vinyl, CD und digital auf allen gängigen Plattformen an. Mir lag zur Besprechung die CD-Version vor, die in einem einfachen Papersleeve erscheint.


Mit ihrem Debüt „Tiefenrausch“ legte die Band ein beeindruckendes Stoner-/Postrockalbum vor, das nun mit „Book Of Circles“ nach anderthalb Jahren fortgesetzt wird.

„Book of Circles“ ist eine Erkundung innerer Unruhe und dunkler Emotionen: als kraftvoller Kontrast zum melancholischen und hoffnungsvollen Vorgänger, der von sanften, harmonischen Klängen geprägt war, stellt dieses Werk rohere Gefühle in den Vordergrund. Es reflektiert sowohl den Kampf mit inneren Konflikten als auch den Druck der äußeren Welt, der Einfluss auf diese ständige Auseinandersetzung nimmt, und regt den Hörer dazu an, seine eigenen Gefühle zu reflektieren.

Der Opener „Zemestån“ („Winter“ in Farsi) knüpft thematisch an „Death Or Freedom (Ya Marg Ya Azadi)” des Debütalbums „TIEFENRAUSCH“ an und setzt sich mit den Ausschreitungen im Iran nach dem Tod Mahsa Aminis im September 2022 auseinander. Nachdem die Proteste der iranischen Bevölkerung gewaltsam niedergeschlagen wurden, setzt sich die Unterdrückung der Menschen nahtlos fort, weswegen in dieser Hinsicht immer noch ein gefühlt ewiger „Winter” überstanden werden muss.

Das elfminütige „Zemestån“ ist an den Anfang des Albums gesetzt worden. Atmosphärische Sounds von Synthie und Gitarre, die noch einen Postrock-Stil besitzen, sind zunächst zu hören. Bass und Schlagwerk kommen langsam hinzu und es entwickelt sich langsam ein treibender Sound, der nach zwei Minuten in einen druckvollen Metalartigen Part mündet. Da treffen dann knackige Grooves auf fette Riffs. Diese beiden Stile (Metal und Postrock) werden von TFNRSH perfekt miteinander verbunden, so dass man als Hörer in einen hypnotischen Mahlstrom gezogen wird. Das Trio wechselt aber auch im Verlauf Struktur, Rhythmus und Melodieführung, was den Spannungsbogen dieses Longtracks oben hält.

Die Band beschreibt die weiteren Titel wie folgt: Das Album fordert den Zuhörer auf, sich mit dem eigenen Zorn auseinanderzusetzen, und ermutigt, Wut als Antrieb zu nutzen, um Veränderungen herbeizuführen, anstatt in Passivität zu verfallen. Trotz der vorherrschenden rohen Art, die Wut und Zorn widerspiegeln, schimmern immer wieder kleinere harmonische Passagen durch und verleihen der Verwurzelung der Gefühle Ausdruck („WRZL”). Durch die Personifizierung des „Zorn(s)“, erstmals von gesprochenen Vocals untermalt, erreichen die beklemmenden Empfindungen ihren Höhepunkt und münden in der Erkenntnis, dass diese Emotionen sowohl herausfordernd als auch befreiend sein können. Sie lassen sich durch Reflexion, Ausleben und Verarbeiten kanalisieren und sorgen schlussendlich für ein kleines Fünkchen Hoffnung („Ammoglÿd“).

Mit dem gut zehnminütigen „WRZL“ (Verwurzlung) geht es dann weiter. Das Stück wartet zunächst mit fetten und dröhnenden Riffs auf. Aber auch in diesem recht heftigen Track bauen TFNRSH immer wieder herrlich atmosphärische und melodische Passagen ein, was den Reiz dieser Musik ausmacht. Immer wenn es atmosphärisch/melodisch wird, dann tritt der Postrock in den Vordergrund.

„Zorn“ nennt sich der dritte, fast zwölfminütige Track. Das beginnt zunächst mit weiten, langgezogenen Sounds, in die dann ein deutscher Text gesprochen wird. Psychedelische Rhythmen und Gitarrenklänge kommen nach einigen Momenten auf, die dann nach mehr als vier Minuten in einem eruptiven Part mit druckvollem Schlagwerk und Riffing münden.

Den Abschluss des Albums bildet dann das siebeneinhalb minütige „Ammoglÿd“. Dieser Track ist der harmonischste und atmosphärischste des Albums. Es beginnt mit Windrauschen und leichtem Donnergrollen, in das sich dann eine sanfte Gitarrenmelodie einfügt. Ein wunderbares Stück, das einem aus dem Hier und Jetzt transportiert.

Die deutsche Band TFNRSH bestätigt auf ihrem Zweitwerk „Book Of Circles“ die Qualität, die sie auf ihrem Debüt vorgelegt haben und erweitert ihren Sound um leicht druckvollere Passagen, die teils eruptiv ausbrechen. Sie verstehen es dabei gefühlvolle Momente mit brachialen Passagen und herrlich atmosphärischen Melodiebögen zu verbinden.

Stephan Schelle, Februar 2025

   

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